Essen. Agnes Wallek hat das traditionsreiche Werdener Konzerthaus, das Bürgermeisterhaus, schon durch unruhige Zeiten geführt. Dabei hat die gebürtige Bottroperin das Konzertwesen nicht von der Pike auf gelernt. Im nächsten Jahr wird das 30-jähriges Bestehen der Bürgermeisterhauses gefeiert.
Der Name Bürgermeisterhaus rührt noch aus alten Tagen, aber das Sagen hat in der weißen Villa an der Heckstraße seit langen eine Chefin. Agnes Wallek ist Frau Bürgermeisterhaus. Geschäftsführerin um genau zu sein, aber was heißt das nicht alles in so einem kulturellen Ein-Frau-Betrieb, in dem man das Lampenfieber des jungen Pianisten genauso im Griff haben muss wie die Buchhaltung, das Marketing und das Catering und die Programmgestaltung sowieso.
Dabei hat die gebürtige Bottroperin das Konzertwesen nicht von der Pike auf gelernt. Schauspielerei war ein mit Inbrunst verfolgter Traum, die Lust auf Musik immer da, aber kein Hauptamt. Als ihre Kinder auf die Waldorfschule kamen und sich Agnes Wallek ein Klavier kaufte, um sie musikalisch zu begleiten, da hat sie außerdem schnell gemerkt, wie spielend leicht man von der „jungen Elite“ abgehängt wird, wie eine ihrer erfolgreichen Konzertreihen heißt. Abgehalten hat es die gelernte Erzieherin glücklicherweise nicht, zunächst Schatzmeisterin des Vereins „Bürgermeisterhaus Werden” zu werden und alsbald Veranstaltungsmanagerin und überhaupt die gute Seele dieser kleinen aber feinen Konzertadresse.
Viel Optimismus und Tatkraft mitgebracht
Dabei stand das von dem argentinischen Konzertpianisten Ismael Pereyra gegründete Haus nicht nur einmal finanziell auf der Kippe und würde im nächsten Jahr vielleicht gar nicht sein 30-jährige Bestehen feiern können, wäre da nicht die temperamentvolle Musik-Managerin, die statt ehrgeizigen Konzepten erst mal viel Optimismus und Tatkraft mitgebracht hat: „Organisieren konnte ich immer gut.“ Das Fachliche hat sie sich draufgeschafft, nicht selbstverständlich für jemanden, der mit Begriffen wie „poco andante“ oder „allegro con brio“ bis dahin nicht pausenlos um sich geworfen hat. „In den ersten drei Jahren habe ich mich im Hintergrund gehalten, habe zugehört und mein eigenes Gespür entwickelt.“ Die falsche Zurückhaltung hat sie längst abgelegt. Agnes Wallek ist eine Frau, die ihre Gäste mit offenen Armen, mitreißendem Charme und großem Begeisterungsvermögen empfängt.
Das hat auch Geldgeber wie die Essener Sparkasse überzeugt, die das baufällige Gebäude von 1833 im Jahr 2002 übernahm, für eine Million sanierte und dem Verein seither für eine geringe Miete zur Verfügung. Trotzdem war klar, dass dieses Kleinod mit Klassik allein nicht überleben wurde. Agnes Wallek hat das Bürgermeisterhaus für viele Sparten geöffnet, für Jazz, Lesungen, Klezmer, Tango und Kabarett. Viele Abende sind ausverkauft, das Publikum ist treu. „Für manche ist das hier ein zweites Wohnzimmer“, weiß die 63-Jährige. Man kennt sich, tauscht sich aus. Wer will hier fremdeln, wenn sich der Cellostachel manchmal gleich neben dem großen Zeh des Zuhörers in den Boden bohrt.
„Da sitzt ein sachverständiges Publikum“
Auch die Künstler, die ins Bürgermeisterhaus kommen, schätzen die Publikumsnähe und die fast familiäre Atmosphäre. Selbst Musiker, die anderswo mehr Gage verlangen könnten, kehren gerne zurück. „Die wissen, da sitzt ein sachverständiges Publikum“, sagt Agnes Wallek. Davon profitieren auch die Studenten der Folkwang-Universität, mit der seit 1989 ein Kooperationsvertrag besteht.
Wer eine Institution wie das Bürgermeisterhaus führt, muss freilich nicht nur Talentscout und Vertragsprofi sein, sondern auch Rechenkünstlerin. Mit 20.000 Euro institutioneller Förderung vom Kulturbüro und wenigen Sponsorenmitteln lassen sich keine großen Sprünge machen, die Künstlerhonorare müssen im wesentlich durch Eintrittsgelder und Vermietungen abgedeckt werden. Gespielt wird im übrigen das ganze Jahr, ohne Sommerpause, auch wenn Agnes Wallek die Zahl der Veranstaltungen leicht zurückgefahren hat; „Sonst nehme ich mir das Publikum irgendwann selber weg.“
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