Essen-West.. Ein Künstlerkollektiv, das mehr Freiraum für Kunst und Soziales fordert, hielt am Montag eine Industriebrache von Thyssen- Krupp an der Frohnhauser Straße in Essen besetzt. Die Polizei rückte mit einer Hundertschaft an – gegen 20.15 Uhr verließen die letzten Besetzer die Brache.
Sie nennen sich „Rat der RÄ.P.U.B.L.I.K.“ und fordern mehr Freiräume für Kunst und Soziales in Essen: Seit Montagmorgen haben schätzungsweise 16 Menschen ein ehemaliges Bürogebäude von Thyssen-Krupp mitsamt brach liegender Industriefläche an der Frohnhauser Straße 95 besetzt. Einige von ihnen sitzen auf dem Dach des Gebäudes, andere befinden sich im Inneren.
Die Polizei-Hundertschaft ist angerückt und hat das Gelände umstellt. Nach Angaben eines Polizei-Sprechers sollen Beamte mit Urin bespritzt worden sein. Das dementierte Joscha Hendricksen, Sprecher der Initiative und bekannter Querdenker in Essen, jedoch vehement.
Besetzer fordern Schlüsselübergabe
Laut eines Polizei-Sprechers wurde am Montag gegen 8 Uhr der Einbruchsalarm ausgelöst, er ging bei der Sicherheitsfirma ein. Thyssen-Krupp hat mittlerweile Anzeige erstattet. Laut Polizei müsse vor einer Räumung ein richterlicher Beschluss erwirkt werden.
Gegen 19 Uhr startete die Polizei die Räumung des Geländes. Zunächst wurden die Besetzer per Lautsprecherdurchsagen aufgefordert, das Areal zu verlassen. Die Besetzer flüchteten unterdessen auf das Dach des Gebäudes.
Bis 19.45 Uhr waren neun Besetzer der Aufforderung der Polizei gefolgt und hatten das Gebäude freiwillig verlassen. Sie wurden vorrübergehend in Gewahrsam genommen, ihre Personalien notiert und dann wurden sie wieder entlassen.
Gegen 20 Uhr verschaffte sich die Polizei Zutritt zu dem Gebäude. Einige Besetzer befanden sich auf dem Dach. Die Polizei versuchte mit ihnen zu reden, sie zum Gehen zu bewegen. Doch: "Die Leute auf dem Dach wollen nicht mit uns sprechen", so ein Polizeisprecher. Dass die Beamten die Besetzer vom Dach holen sei zu gefährlich, da es rutschig sei und die Gefahr bestehe, dass jemand abstürze.
Schließlich konnte die Polizei doch den Erfolg melden: Die letzte vier Besetzer verließen um 20.15 Uhr das Dach. Es habe keinen Widerstand gegen die Beamten und keinerlei Körperverletzungen gegeben, so eine erste Bilanz der Polizei.
In einer ebenfalls am Montag verschickten Stellungnahme fordert die Inititative die vormaligen Eigentümer „um schnellstmögliche Schlüsselübergabe, sodass eine angemessene Nutzung des Geländes möglich wird“.
Weiter heißt es: „Wir haben dafür gute Gründe und können versprechen, dass die Liegenschaften bei uns besser aufgehoben sind, als beim bisherigen Besitzer, der Thyssen-Krupp AG.“ Damit nicht genug: Ferner bitten sie „die größte Einzelaktionärin von Thyssen-Krupp, die Krupp Stiftung, uns zu unterstützen“.
Zur Begründung schreibt die Gruppe: „In der Vergangenheit hat die Krupp Stiftung 55 Millionen Euro für den Neubau des Folkwang Museums zur Verfügung gestellt. Unsere sozial-künstlerischen Vorhaben dürften mit einem Bruchteil realisierbar sein.“
Die Initiative, die 2010 unter dem Namen „Freiraum“ bei der Besetzung des leer stehenden DGB-Hauses in der Innenstadt bekannt wurde, kämpft seit Jahren dafür, leer stehende Gebäude in Essen für junge Kreative nutzbar zu machen, darunter auch die ehemalige Hauptschule Bärendelle. (rh/ eS)