Essen.. Im Rahmen der Aktion „WAZ öffnet Pforten“ tauchten 16 Leser ein in die Unterwelt der bald tausend Jahre alten Marktkirche. Die ehrwürdige gotische Hallenkirche liegt an steiler Hanglage und besitzt „ein kompliziertes Gewölbesystem“. Dazu gehört auch ein Weinkeller.

Der Geruch ist wirklich nicht der allerbeste. Es muffelt im Untergeschoss der ehrwürdigen Marktkirche, aber dafür ist es hier immerhin glatte zehn Grad kühler als draußen auf der sonnendurchflutenden „Kettwiger“. Also doch irgendwie angenehm. Überhaupt: Dieser geheimnisvolle Ort, zu dem die WAZ 16 Lesern die Pforte geöffnet hat, atmet Geschichte.

Heinrich Gehring, der frühere Essener Superintendent, und Hans Huckel, einst Archivar der Altstadtgemeinde, sind ganz in ihrem Element. Sie führen die Gruppe durch Gotteshaus, Katakomben - und mehr als 1000 Jahre Kirchengeschichte. Durch eine Stadtkirche, die vorromanische Vorgänger hatte, dann lange Zeit den Namen der fränkischen Äbtissin und Patronin Gertrud trug und in der Reformation lutherisch wurde.

„Noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg führte eine Treppe in die Unterkirche“, erklärt Gehring. Doch längst ist dieser Gang zugemauert. Der Zugang erfolgt jetzt, eine Etage tiefer, von der Kettwiger Straße, über die im Mittelalter der berühmte Hellweg führte. In Inneren fällt der Blick auf weiß getünchtes Gewölbe aus Backstein, darunter festes Gemäuer aus behauenem Feldstein. Geschätztes Alter: knapp 1000 Jahre.

Wein war fester Bestandteil der Pfarrer-Besoldung

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Weiter geht’s durch eine provisorische Sakristei mit Kloschüssel und Handwaschbecken. „Mein Gott“, rutscht einer Leserin da raus, „hier wurde aber lange nicht mehr geputzt.“ Das anschließende Gewölbe liegt schon außerhalb der Kirche. „Direkt über uns steht der alte Krupp“, erklärt Gehring - und verrät das Geheimnis dieses Ortes, der vor sehr langer Zeit mal ein Fenster zum Markt hatte. „Nun, hier befand sich einst der Weinkeller“, sagt Gehring. Und einigen entfährt in diesem Moment ein spitzes „Oh“ - aber Kirche und Genuss, das ist ein anderes Kapitel.

Essen, erfahren die Leser, sei nicht nur schon im Mittelalter stolze Waffenschmiede gewesen, sondern zugleich blühendes Zentrum des Weinhandels. „Einige Maß Wein waren fester Bestandteil der Pfarrer-Besoldung.“ In Bacharach holten sich die Essener Kaufleute nicht nur den Wein, sondern auch den berühmten Pfarrer Heinrich Barenbroch (1525 - 1567), der hier am 2. Mai 1563 den ersten lutherischen Gottesdienst abhielt.

Am liebsten hätte Gehring die Leser in die eigentlichen Katakomben geführt, doch das ist von Amts wegen („gesundheitlich bedenklich“) untersagt. Alte Fotos verraten, dass die in extremer Hanglange zum Bernetal errichtete gotische Hallenkirche auch Beerdigungskirche war - mit „einem komplizierten Gewölbesystem“. So mancher Leser wäre gerne tiefer eingetaucht in diese spannende „Unterwelt“. Aber Gehring sagt: „Wer weiß, vielleicht gehören Sie zu den letzten Besuchern, die hier unten waren.“

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