Essen. Seinen Sohn wollte der Bandido rächen, nachdem dieser mit einer Gruppe angetrunkener Velberter in Streit geraten war. Dabei schoss er einem Jugendlichen in den Bauch. Für diese Tat muss der 47-Jährige jetzt dreieinhalb Jahre ins Gefängnis, entschied das Landgericht Essen.
Reue hatte er in seinem letzten Wort gezeigt, aber dass er für seinen Schuss auf einen 17-Jährigen Velberter ins Gefängnis muss, ließ sich dadurch nicht ändern. Auf dreieinhalb Jahre Haft lautete am Dienstag das Urteil der XVI. Essener Strafkammer gegen den Essener Bandido André A. (47).
„Tut mir leid, dass es damals aus den Fugen geriet“, bedauerte der Angeklagte nach den Plädoyers von Staatsanwalt, Nebenklage und Verteidigung. Es war eine Racheaktion, zu der er ausgerechnet nach der Hochzeitsfeier seines Sohnes in der Essener City losgezogen war. Am 13. Oktober 2013 hatte das Brautpaar die Feier verlassen. Die Ehefrau am Steuer hatte beim Rangieren in der Nähe des Viehofer Platzes eine Gruppe angetrunkener Velberter übersehen, die zuvor im Café Nord gefeiert hatte.
Faustschlag ins Gesicht
Einer der Velberter schlug erbost aufs Auto des Brautpaares, der 27 Jahre alte Bräutigam stieg aus. Schnell beschimpften sich beide Seiten. Beendet wurde die Auseinandersetzung durch den Faustschlag, den einer der Velberter dem Bräutigam verpasste. Die Gruppe zog ab, der Bräutigam rief seinen Vater an, der seit Jahren Mitglied der Bandidos ist. Mit einem Freund erschien er, aus dem offenen Kofferraum bewaffneten die beiden sich und verfolgten die Velberter.
Sie hatten mal davon gesprochen, dass sie nur die Personalien der Jugendlichen feststellen wollten. Das Gericht stellte aber fest, dass die Angeklagten gar nicht reden wollten, sondern hinterrücks einem der Velberter einen Holzstiel in den Rücken schlugen. Eine Schlägerei begann, bei der die Essener nach und nach den Kürzeren ziehen sollten. Andre A. soll das früh erkannt und mit einer Pistole zweimal auf einen der Velberter geschossen haben.
Lebensgefährliche Verletzung
Das Projektil durchtrennte den Darm des 17-Jährigen. Dass die Schüsse lebensgefährlich waren, davon überzeugte sich das Gericht noch am Dienstag durch die Vernehmung von Medizinern. Nur einen Zentimeter von der Schlagader war die Kugel eingedrungen. Aber auch die Darmverletzung hätte schnell eine Infektion im Bauchraum verursacht, die unbehandelt zum Tode geführt hätte, sagten die Ärzte.
Staatsanwalt Christian Bolik hatte in seinem Plädoyer von einer Racheaktion gesprochen. Allerdings nannte er auch den ersten Schlag, den einer der Velberter dem Bräutigam verpasst hatte, völlig unberechtigt. Drei Jahre und zehn Monate Haft forderte er für den Hauptangeklagten André A. Dessen Verteidiger Volker Schröder hielt diesen Antrag für zu hoch. Sein Mandant habe sich nach der Tat freiwillig gestellt, habe ein Geständnis abgelegt und sei bislang nicht vorbestraft. Die Kammer blieb dennoch nur leicht unter dem Antrag des Staatsanwaltes.
Das rückblickende Bedauern der Angeklagten über die Tat klang ehrlich. AndréA. teilte dem Gericht auch mit, dass er längst mit dem Opfer seines Schusses beim Rauchen vor dem Gericht ins Gespräch gekommen sei. Und der aus Wilhelmshaven stammende Mitangeklagte, 52 Jahre alt, formulierte sein Bedauern knapp: „Wir sind doch keine Unmenschen, wir haben doch selbst Kinder.“