Essen. Vor der XVI. Essener Strafkammer steht ein 52-jähriger Mann wegen Widerstand, Körperverletzung, Bedrohung und Hausfriedensbruch. Er bezeichnet sich selbst als „ehrenamtlicher Mitarbeiter des Rauschgiftdezernates bei der Polizei Essen“ und habe Altkanzler Helmut Kohl viel zu verdanken.

Die Liste der Anklage ist lang. Widerstand, Körperverletzung, Bedrohung und Hausfriedensbruch gehören zu den Delikten, die dem 52 Jahre alten Bottroper Frank M. vorgeworfen werden. Einem Mann, der sich selbst als „ehrenamtlicher Mitarbeiter des Rauschgiftdezernates bei der Polizei Essen“ bezeichnet.

Ob diese Information denn wirklich stimme, fragt am Freitag Richter Martin Hahnemann, Vorsitzender der XVI. Essener Strafkammer, den Angeklagten. Der großgewachsene, kräftige Mann nickt: „Im nächsten Mai werden es 30 Jahre, dass ich angeworben wurde.“ Dass er aktuell wegen eines Beinbruchs mit verschraubtem Unterschenkel im Rollstuhl vor Gericht sitzt, ändert wenig an seiner imposanten Erscheinung. Kaum zu glauben, dass er seit Jahren schwer drogenabhängig ist, außerdem an einer psychotischen Krankheit leiden soll.

Drohungen beim Sozialamt

Vor diesem Hintergrund soll es im vergangenen Jahr zu den zahlreichen Straftaten gekommen sein, die ihm die Anklage anlastet: Mal geht er die Mieterin im Haus seiner Eltern in der Bottroper City rüde an, mal ruft er im Sozialamt an und droht, alle Mitarbeiter aus dem Fenster zu schmeißen. Dem Leiter des Sozialamtes droht er, er habe auch eine Pistole.

Massiv soll er auch seiner ehemaligen Freundin, mit der er ein Kind haben soll, zugesetzt haben. Mehrfach wehrt sich die psychisch kranke Frau mit einstweiligen Anordnungen durch das Amtsgericht Bottrop gegen ihn, der in ihrer Nachbarschaft in der Bottroper Innenstadt lebt.

Laut Anklage gegen Festnahmen gewehrt

Bedrohlich und aggressiv ging er laut Anklage auch gegen seine Eltern vor, die ihm wegen seiner ständigen Geldforderungen den Zutritt verweigerten. Und immer wieder, so die restlichen Anklagen, soll Frank M. sich auch mit heftigen Aktionen gegen seine Festnahme durch Polizisten gewehrt haben.

Aus einer finanziell gut gestellten Essener Kaufmannsfamilie stamme er, erzählt er. Sein Vater habe fünf Edeka-Läden besessen, später Immobilien gemakelt. In einer Villa im noblen Essener Vorort Bredeney hätten sie gelebt, wo er das angesehene Goethe-Gymnasium besucht habe. Allerdings nur bis zur neunten Klasse, danach wechselte er zur Hauptschule, die er später ohne Abschluss verlassen hätte.

Richter hinterfragt Biografie oberflächlich

Was Frank M. aus seinem Leben erzählt, lässt sich nicht sofort überprüfen. Von „Dr. Kohl“ spricht er und meint den ehemaligen Bundeskanzler, dem er offenbar viel zu verdanken habe. „Dr. Kohl“ habe er, damals Mitglied der Jungen Union, 1985 bei einer Wahlkampfveranstaltung in der Essener Grugahalle kennengelernt. Der Kanzler habe ihm aufgetragen, Kinder und Jugendliche zu beschützen und ihn außerdem zur Ausbildung als Reno-Gehilfe in eine Essener Anwaltskanzlei vermittelt. Den Abschluss habe er zwar nicht gemacht, dafür aber viel Einblicke gewonnen.

Richter Hahnemann hinterfragt die Biografie des Angeklagten nur oberflächlich. Vor allem geht es um die angeklagten Fälle, die Frank M. zwar nicht bestreitet, in vielen Details aber abschwächt. Etwa bei seinem Verstoß gegen das Hausverbot durch seine Eltern. Das sei nur ein Test gewesen, sagt er, um zu prüfen, ob die Eltern es auch wahr machen. Zwei weitere Tage hat das Gericht für die Aufklärung der Fälle angesetzt. Für Frank M. wird es darum gehen, ob er in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen wird.