Essen. Nach dem heftigen Gegenwind ließ Udo Bayer seinen Plan fallen, AfD-Mann Menno Aden in die EBB-Fraktion zu lotsen. Der starke Mann des Essener Bürgerbündnisses ist reumütig: „Ein Fehler, den ich bedaure.“ Aden will sein AfD-Mandat im Rat behalten.

Es sollte ein Coup werden, mit dem Ziel, die Machtstatik im Essener Rat zu verändern, es endete mit einem Rückzug auf der ganzen Linie: Udo Bayer, wortmächtiger Fraktionschef des Essener Bürgerbündnisses (EBB), hat seinen Versuch abgebrochen, Profiteur der auseinanderfliegenden Essener AfD zu werden und den dort abtrünnigen Ratsherrn Menno Aden in die Reihen des EBB aufzunehmen.

„Intensive Lektüre der Schriften des Herrn Dr. Aden“ habe ihn über die Pfingstfeiertage zu einer anderen Erkenntnis gebracht, so Bayer. „Wir sind in der politischen Mitte verortet und kein Ort für randständige politische Ideologien, die in seinen Publikationen vertretenen Auffassungen sind mit unserem Selbstverständnis nicht vereinbar.“ Er, Bayer, habe sich nicht ausreichend informiert. „Diesen Fehler bedaure ich.“ Sowohl EBB-Fraktion als auch Vorstand vollzogen Bayers Lernprozess am Dienstagabend sofort und einstimmig nach und gaben Aden den Laufpass.

Ins Grübeln gebracht hat den EBB-Chef wohl vor allem auch die Reaktion der anderen Parteien in Essen: SPD und Grüne brachen sofort die Gespräche mit dem EBB ab, die CDU zeigte sich „irritiert“, und ausgerechnet die Linken sprachen dem Bürgerbündnis sogar kurzerhand das Recht ab, sich noch im Spektrum der demokratischen Parteien zu bewegen.

Klerikal konservativ, deutschnational und antiwestlich

Wer ist dieser Mann, der dem EBB erst ein weiteres Mandat zuzuschanzen schien und dann Bayer in eine - selbstverschuldet - schwierige Lage brachte? Der 71-jährige Jurist und pensionierte Hochschullehrer war bis 2013 rund 30 Jahre Mitglied der CDU, schied dann aus Ärger über die Politik Merkels aus und schloss sich der „Alternative für Deutschland“ (AfD) an, wo er ursprünglich hoffte, eine größere Rolle auf EU-Ebene zu spielen. Es reichte dann nur für ein Ratsmandat in Essen.

Aden ist publizistisch vielfach tätig und etwa in der Zeitschrift „Junge Freiheit“ mit Ansichten hervorgetreten, die Politikwissenschaftler oft unter dem Oberbegriff „Neue Rechte“ zusammenfassen: Klerikal konservativ bis christlich-fundamentalistisch, antiwestlich und deutschnational mit dem Hang, Deutschland als Macht zwischen dem Westen und Russland zu positionieren und von der angeblichen Herrschaft der USA zu befreien, und auch die vorgeblich unklare Kriegsschuldfrage des Zweiten Weltkriegs und die Ehrenrettung von Wehrmacht und Waffen-SS wird in diesen Kreisen offensiv diskutiert. Typisch ist ferner eine Israel-Kritik, die unterschwellig mit antisemitischen Klischees spielt. In einem langen Interview mit dem islamistischen Internet-Organ „Muslim-Markt“ lässt Aden zudem viel Respekt für die Glaubensstärke des Islam anklingen und wähnt die evangelische Kirche „in keinem guten geistlichen Zustand“.

Aden will jetzt über die Kommunalpolitik ein Buch schreiben

Udo Bayer fühlt sich von Aden unfair behandelt. „Er kann wegen seiner ganzen Grundhaltung eigentlich gar nicht hinter den kommunalpolitischen Leitlinien des EBB stehen, obwohl er dies behauptete.“ Allerdings hatte der EBB-Chef Warnungen und Aufforderungen, sich über Aden kundig zu machen, zuvor in den Wind geschlagen. Aden zeigte sich im Gespräch mit der WAZ umgekehrt empört über Bayers Kurswechsel: „Er ist auf mich zugegangen, nicht ich auf ihn.“ Sein Mandat will der Burgaltendorfer behalten, wahrscheinlich nicht zur AfD zurückkehren, dafür aber ein Buch schreiben: „Über den Politikbetrieb in Kommunen aus der Innensicht eines Ratsherrn“, so Aden.