Straßen dicht – zu Fuß durch Essen nach dem Unwetter

Essen. . Weil die Hauptstraßen in Essen am Dienstagmittag oft dicht waren, entschied sich unsere Redakteurin für den Fußweg – im Zickzack ging es für sie zwischen umgeknickten Bäumen und herumliegenden Dachziegeln entlang. Was sie auf der 6,7 Kilometer langen Strecke vom Norden ins Zentrum erlebt hat.

Nichts geht mehr am Dienstagmittag auf den Hauptstraßen. An der Aktienstraße/ Ecke Schönebecker Straße steht der Verkehr. Keinen Zentimeter bewegt sich die Blechlawine weiter. Und auf den kleineren Seitenstraßen, wie auf der Schönebecker Straße liegen immer noch umgekippte Bäume. Keine schöne Situation für Ungeduldige wie mich. Da hilft nur eins: Zu Fuß in die Redaktion an der Friedrichstraße. 6,7 Kilometer zeigt das Navi im Smartphone an. Entschuldigung an meine Nachbarin, die mich bis hierhin in ihrem Auto mitgenommen hat.

Auf geht’s entlang der Aktien- und Frintroper Straße, über heruntergerissene Äste, im Zickzack zwischen zerbrochenen Dachziegeln, vorbei an umgeknickten Straßenlaternen, demolierten Wahlplakaten. An manchen Ecken denkt man: Hier hat Roland Emmerich ein Filmset für einen seiner Weltuntergangsfilme aufgebaut. Mittlerweile drückt die schwüle Hitze schon wieder.

Essener packen überall mit an

Überall räumen die Bürger auf. An der Frintroper Straße kehrt eine ältere Dame kleine Zweige auf dem Bürgersteig zusammen. Auf die Frage, ob dies der richtige Weg in Richtung Zentrum sei, sagt sie nur: „Da wollen Sie zu Fuß hin? Naja, was anderes bleibt ihnen ja wohl nicht übrig.“ Recht hat sie wohl. Ich flüchte von Schatten zu Schatten an den Hauswänden entlang, steige über herumliegende Äste – oder krabbele unter umgestürzten Bäumen her, wie in der Nähe des Bahnhofs Borbeck-Süd. Dort erwischte es eine mächtige Weide. Die liegt quer auf der Straße.

Davor steht eine Straßenbahn, die nicht mehr vom Fleck kommt. Der Baum ist nicht nur auf die Straße, sondern auch in die Oberleitung gefallen. Die Straßenbahnfahrerin erzählt, dass die Bahn seit Montagabend hier feststeckt. Im Schichtdienst passen die Evag-Mitarbeiter auf das gelbe Gefährt auf. „Ich muss noch bis 19 Uhr“, sagt sie.

Brenzlig sieht die Situation auch auf der Altendorfer Straße aus, unweit des Borbecker Bahnhofs haben sich schwere Äste in der Oberleitung verfangen und das Kabel zu Boden gerissen. Das hängt jetzt auf dem Bürgersteig. An der Ecke zum Schölerpad hat die Polizei die Straße komplett gesperrt. Ein Lastwagen hat sich dort in der Oberleitung verfangen. Die Kabel hängen am Dach des Fahrerhäuschens.

Finanzamt mit losen Dachteilen

Mir wird immer wärmer. Irgendwo muss es doch auf der Altendorfer Straße einen Ein-Euro-Laden geben, um einen batteriebetriebenen Handventilator zu kaufen. Das Geschäft finde ich zwar, doch die Verkäuferin sagt: „Haben wir nicht!“

Vorm Finanzamt warnen Schilder vor losen Dachteilen. Ein Bild der Zerstörung bietet sich auf der Frohnhauser/Ecke Hans-Böckler-Straße: An der dortigen Tankstelle hat der Sturm mehrere Quadratmeter der Dachverkleidung heruntergerissen. Die Hans-Böckler-Straße ist in Richtung Süden gesperrt – wie an so vielen Stellen liegt ein Baum quer auf der Straße. Mein Weg führt noch ein paar hundert Meter weiter, dann taucht endlich mein Arbeitsplatz vor mir auf, nach mehr als zweieinhalb Stunden – mit hochrotem Kopf (sagen meine Kollegen).