Essen. Die zwei von der Piraten-Partei, der Spaßpolitiker Matthias Stadtmann und die abtrünnige Linke Anabel Jujol schließen sich zu den “Partei-Piraten“ zusammen. Und bei der AfD ist der Zerfallsprozess im vollen Gang. Werden AfD’ler zu Mehrheitsbeschaffern?

Nur so viel steht fest: Der neue Stadtrat zählt 90 Köpfe. Aber wer sitzt wo, und wer sitzt neben wem? Im Amt für Ratsangelegenheiten basteln sie an der neuen Sitzordnung. Eine undankbare Aufgabe, denn fast täglich platzen Konstellationen oder es bilden sich neue - wie gestern die „Partei-Piraten“.

So nennt sich eine neue Ratsfraktion; Kai Hemsteeg und Wilfried Adamy von der „Piratenpartei“ gehören ihr an, der Spaßpolitiker Matthias Stadtmann von „Die Partei“ und Anabel Jujol, die auf der Liste der Linken in den Rat gewählt worden ist, in der Linksfraktion aber nicht mitmachen will. Einem drohenden Ausschluss aus der Partei kam Anabel Jujol durch Austritt zuvor. Im Kreisverband der Linken wusste man davon bis gestern offiziell nichts. Geschockt und entsetzt habe man den Medien entnommen, dass Jujol sich einer anderen Fraktion angeschlossen hat.

SPD und Grüne suchen Partner für Mehrheit

Während sich die einen gefunden haben, zerlegen sich die anderen: Die „Alternative für Deutschland“ (AfD), in Fraktionsstärke in den Rat gewählt, wird durch drei Einzelvertreter repräsentiert. Jochen Backes, Nummer drei auf der AfD-Liste, hat seinen Parteifreunden die Zusammenarbeit aufgekündigt. Gegen den ehemaligen Stadtverbandsvorsitzenden und AfD-Spitzenkandidaten Marco Trauten ist ein Parteiausschlussverfahren anhängig. Bliebe als dritter im Bunde Menno Aden, Rechtswissenschaftler und Vorsitzender der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft, einer rechtskonservativen Denkschule.

Die etablierten Parteien verfolgen das Stühlerücken mit gespanntem Interesse. „Die Piraten haben ordentlich Treibgut gesammelt“, kommentiert CDU-Fraktionschef Thomas Kufen. Dass die „Partei-Piraten“ eine Rolle bei der Suche nach Mehrheiten spielen könnten, glaubt Kufen nicht. Auch SPD und Grüne geben sich zurückhaltend. Wohl nicht zuletzt, weil einem gemeinsamen Bündnis mit den „Partei-Piraten“ im Rat mit dann 45 Sitzen eine Stimme zur Mehrheit fehlen würde. Die des Oberbürgermeisters als 46. Stimme scheint den Grünen offenbar als nicht verlässlich genug.

Verhältnis zwischen Grünen und EBB zerrüttet

Begehrlichkeiten könnte der Zerfall der AfD wecken. Zu hören ist, dass Menno Aden versucht sein könnte, sich einer der Fraktionen anzuschließen, die bislang das Viererbündnis bildeten. Wer denkt da nicht an das Essener Bürgerbündnis (EBB), wo allerdings keine Bestätigung zu bekommen war. Als sicher darf gelten, dass EBB-Fraktionschef Udo Bayer auch künftig eine politische Rolle spielen will und von einer Wiederbelebung des Bündnisses mit CDU, FDP und Grünen träumt. Rechnerisch fehlt zur Mehrheit nur eine Stimme.

Die Grünen dürften solchen Gedankenspielen eher mit Skepsis begegnen. Das Verhältnis zur EBB gilt seit dem Messe-Bürgerentscheid als zerrüttet. Ein Übertritt Adens wäre ihnen Indiz dafür, dass sich das Bürgerbündnis im rechtspopulistischen Raum bewegt, wie im Wahlkampf behauptet.Demokratie