Essen. 2.058 Räder wechselten im vergangenen Jahr unrechtmäßig ihren Besitzer. Zum meteorologischen Sommeranfang gibt die Polizei Tipps, wie sich die Eigentümer besser vor den Langfingern schützen können.
Ganze Herden von Drahteseln lassen sich nach dem Start in die Freibadsaison wieder mal vor den Toren der Gruga oder des Kettwiger Bades nieder. „Ein Paradies für Fahrraddiebe“, warnt Jürgen Dahles von der Polizei Essen. „Bei so vielen Rädern auf einem Haufen wittern Diebe eine leichte Beute. Da sind immer welche dabei, die nicht, oder einfach schlecht gesichert sind“, erklärt der Kriminalhauptkommissar.
In den vergangenen fünf Jahren haben sich die Fahrraddiebstähle in Essen fast verdoppelt. 2.058 Räder wechselten im vergangenen Jahr unrechtmäßig ihren Besitzer. Das liege wohl daran, dass Radeln wieder zum Modesport geworden ist und in den vergangenen Jahren einfach mehr Essener in die Pedale getreten haben, ist Dahles Erklärung. Gerade einmal vier Prozent davon konnten von der Polizei wieder aufgespürt werden.
Damit der Fahrrad-Ausflug ins Freibad also nicht mit dem Fußmarsch nach Hause endet, hat Jürgen Dahles drei Tipps, die logisch und einfach umzusetzen sind, von vielen Radlern aber leider noch immer nicht beherzigt würden.
Nur ein Schloss aus Stahl ist tatsächlich wirksam
Erstens: Die Basis im Kampf gegen den Diebstahl ist freilich die Wahl des Schlosses. Das dürfe sich nicht mit Kombizange oder Seitenschneider knacken lassen. „75 Prozent der Radfahrer haben Schlösser, die nichts taugen“, weiß der Hauptkommissar. „Die für fünf Euro aus dem Baumarkt sind schön leicht, aber da sichern auch zehn Stück kein bisschen“. Das einzig Wirksame: Ein Bügelschloss aus Stahl. „Die gibt es mittlerweile für Mountainbiker sogar als Gepäckträgervorrichtung, die über die Sitzstange gesteckt wird“, erklärt Dahles. Jedes Schloss sei im Handel zudem mit einer Nummer versehen, die den Härtegrad des Stahls angibt: „Der sollte schon mindestens bei zehn liegen“, rät der Polizist.
Zweitens: Das Fahrrad nicht nur abschließen, sondern anschließen: An Laternenpfahl, Zaun, Fahrradständer. „Nur eines der Räder zu blockieren, reicht nicht aus. Da packen die Diebe das Rad einfach samt Schloss in den Hänger und knacken es zuhause“, erklärt Dahles. Im Übrigen sollten Räder auch in Fahrradabstellräumen abgeschlossen werden. „Denn beim Einbruch in Haus und Keller wird häufig auch noch schnell das Fahrrad eingepackt“, so Jürgen Dahles. In freier Wildbahn sollte der Radler auch einzelne Teile sichern. „Die Spanner für Sattel, Vorder- oder Hinterrad lassen sich recht einfach durch Teile austauschen, die sich nur mit dem passenden Spezialschlüssel öffnen lassen“, erklärt der Hauptkommissar. Sonst wandere eben auch der 200-Euro-Sattel allein schnell mal in andere Hände.
Die Polizei rät zum Fahrradpass
Drittens: Die einst hoch gelobte Codierung, bei der dem Rad eine polizeilich archivierte Nummer eingraviert wird, ist passé. Die Polizei rät derweil zum Fahrradpass. „Rahmennummer, Rechnung und ein paar Eckdaten reichen mittlerweile völlig aus, um die Suche in unsere Datenbank einzutragen.“ Spürbare Erfolge habe die Codierung bei der Suche nach gestohlenen Rädern ohnehin nicht eingefahren. Auch der Aufkleber „Achtung, mein Fahrrad ist registriert“, habe Diebe nicht unbedingt abgeschreckt. „Mal abgesehen davon, dass es vielen auch zu aufwändig war, mit ihrem Rad zu uns zu kommen, bekamen andere Bauchschmerzen bei der Vorstellung etwas in ihr 4000-Euro-Bike gravieren zu lassen“, erinnert sich Dahles. Daher rät der Polizist, sofort nach dem Kauf den Fahrradpass auszufüllen, den es sowohl beim Händler als auch bei der Polizei gibt. „Denn wenn das Rad gestohlen wird, brauchen wir möglichst viele Kennzeichen, um es zu identifizieren.“
Wichtig hier vor allem Typ, Marke und Farbe des Rads wie auch die Rahmennummer, die am Lenkerkopf, am Rohr unter dem Sattel, auf der Gepäckträgerplatte oder auf der Unterseite der Pedalträger zu finden ist. „Manchmal kommen Leute zu uns und sagen ihr Fahrrad sei gestohlen worden – ein rotes. Da können wir leider nur freundlich schmunzeln“, sagt Dahles.
„Ein anderes Mal hat uns jemand angerufen, der sein Rad mit dem neuen „Besitzer“ durch Essen fahren sah“, erinnert sich der Polizist. „Wir haben den Mann erwischt. Der Geschädigte hatte allerdings keinen einzigen Beweis, dass das Fahrrad ihm gehörte. Keine Anzeige, kein Foto, keine Rechnung, keinen Pass. Da stand Aussage gegen Aussage“. Da war das Rad abgefahren.