Essen. . Die Sparkasse Essen verkaufte einer 81 Jahre alten Dame im Jahr 2006 eine Beteiligung an einem Schifffonds. Das Landgericht verurteilte die Sparkasse nun wegen Falschberatung. Die Kundin sei nicht anlegergerecht beraten worden, so das Gericht. Das Geldinstitut muss die Frau entschädigen.

Geschlossene Schifffonds galten einst als renditestarke Anlageform und Geheimtipp für Spitzenverdiener. Als sich die steuerlichen Abschreibemöglichkeiten ab 2005 verschlechterten, verloren die Reichen das Interesse und Banken und Sparkassen begannen, die riskanten Beteiligungen unters breite Volk zu bringen. Mit zum Teil fatalen Folgen: Seit 2008 gerieten viele Fonds in schweres Fahrwasser, ihnen droht das Kentern und mit ihm der Totalverlust für die Anleger.

Auch die Sparkasse Essen vertrieb solche Schifffonds und hat in einem Fall jetzt vor dem Landgericht Schiffbruch erlitten. Das Gericht verurteilte das Institut wegen Falschberatung zu Schadensersatz. Die Sparkasse muss den Verkauf des Fonds an eine Kundin rückabwickeln, spricht selbst aber von einem besonderen Einzelfall.

Die Sparkassen-Kundin hatte im Jahr 2006 40.000 Euro in den Schiffsdachfonds „HCI Shipping Select XI“ investiert. Sie war damals 81 Jahre alt. Mit spekulativen Anlagen hatte sie bis dato nichts am Hut. Möglicherweise lockten die Steuersparmöglichkeiten und die Renditeversprechen. Das Geld sollte für die beiden Töchter ihrer Cousine sein, erklärt der Düsseldorfer Anwalt Benjamin Dimsic, der die Klägerinnen vertrat. Wenn diese 18 Jahre alt würden, sollte ihnen die Schiffsbeteiligung ruhiges Fahrwasser für den Start ins Erwachsenenleben geben.

Auszahlung nicht zum gewünschten Zeitpunkt möglich

Die Tücken der Schifffonds

Verbraucherschützer warnen: Schiffsfonds sind nichts für Kleinanleger. Doch Banken kassierten für die Vermittlung hohe Provisionen zwischen 10 und 17 Prozent. Wohl deshalb wurden sie an Anleger verkauft, für die sie nicht geeignet sind.

Die Anleger kaufen einen Anteil am Gesellschaftskapital. Laufzeit: oft zehn bis 25 Jahre. Sie bekommen keinen festen Zins. Sie verdienen, wenn der Fonds mit dem Schiffsbetrieb verdient. Anleger tragen also das unternehmerische Risiko.

Als der 18. Geburtstag der älteren Tochter 2012 anstand, sollte das Geld aufs Konto der jungen Frau fließen. Doch die Sparkasse erklärte, dass sie nicht einfach an das Geld herankommt. Denn aus den Verträgen mit meist langen Laufzeiten gibt es für Anleger kein Entkommen – zumindest nicht ohne hohe Verluste. Ein Fakt, so versicherte die Sparkassen-Kundin vor Gericht, der ihr im Beratungsgespräch so nicht deutlich gemacht wurde. Der Verkäufer des Fonds soll aber sehr wohl darüber informiert gewesen sein, dass das Geld für den 18. Geburtstag gedacht war. Außerdem soll der Sparkassen-Berater die Anlage als sicher beschrieben haben. Vom Risiko des Totalverlustes sei keine Rede gewesen.

Das Gericht folgte den Klägern. Die Sparkassen-Kundin sei nicht anlegergerecht beraten worden. Sie habe glaubhaft dargestellt, dass das Geld für den 18. Geburtstag gedacht war. Deshalb hätte die Sparkasse eine solche Anlage nicht empfehlen dürfen. In der Verhandlung konnte sich der Berater, der mittlerweile nicht mehr bei der Sparkasse arbeitet, nicht mehr daran erinnern, ob das Geld zum 18. Geburtstag ausgezahlt werden sollte oder lediglich die Fondsanteile übertragen werden sollten.

Die Sparkasse übrigens vertreibt heute keine Schifffonds mehr.