Essen.. Die Gewerkschaft protestierte vor einer Burger-King-Filiale in der Essener City. Und Enthüller Günter Wallraff nutzte die Gunst der Stunde. Er kündigte an, die Berichterstattung über die Fast-Food-Kette fortzusetzen.

Menschenleer ist es bei Burger King an der Kettwiger Straße in der Essener Innenstadt. Selbst zur Mittagszeit will dort niemand einen Whopper bestellen. Doch direkt vor dem Laden der Fast-Food-Kette: „Dampf unterm Kessel“, wie es Carmen Tietjen vom Deutschen Gewerkschaftsbund NRW (DGB) formuliert. Sie moderiert die als Diskussionsrunde getarnte Protestaktion mit dem Titel: „Faire Arbeit nur mit Betriebsräten. Alles fair bei Burger King?“ Mit dabei: Günter Wallraff, Altmeister des investigativen Journalismus, der Ende April gravierende Missstände bei Burger King in seiner RTL-Enthüllungsreportage aufdeckte.

Als Wallraff die Bühne betritt, applaudieren ihm rund 300 Menschen, viele von ihnen Gewerkschafter. Der 71-Jährige – schwarze Lederjacke, hellgrauer Pullover, dazu dunkle Jeans und schwarze Schuhe – wirkt so selbstbewusst wie in den Einspielern seiner Sendung, und er hat allen Grund dazu. Der Beitrag von „Team Wallraff – Reporter Undercover“ über unzumutbare Hygiene und Arbeitsbedingungen in mehreren Burger-King-Filialen hat hohe Wellen geschlagen: Mit einem Toilettenlappen wurde die Ablage geputzt, abgelaufenes Fleisch wieder warm gemacht. Mitarbeiter, die sich beschwerten, wurden verklagt ...

Im Fokus stand Franchise-Nehmer Ergün Yildiz, der über seine Yi-Ko-Holding 91 Burger-King-Filialen kontrolliert – auch die in Essen. Er ist nach den Enthüllungen als Geschäftsführer zurückgetreten, allerdings bleibt er Gesellschafter der Holding, denn das ist ja das Prinzip von Franchise: Der Unternehmer zahlt an Burger King für Namen, Konzept, Dienstleistungen, er wirtschaftet aber auf eigene Rechnung. Burger King will ihn aber nun genauer kontrollieren. Ein Team von Experten für Lebensmittelsicherheit und Restaurant-Management soll feststellen, ob die Filialen den Standards entsprechen, teilte das Unternehmen mit.

„In einer Demokratie ist Öffentlichkeit der Sauerstoff“, sagt Wallraff und erntet wieder Applaus. Eine Frau allerdings, die in Arbeitskleidung von Burger King erschienen ist, will sich zu Reporterfragen nicht äußern, auch nicht unter dem Angebot, ihren Namen geheimzuhalten – möglicherweise aus Angst vor Konsequenzen. „Ich weiß von Mitarbeitern“, sagt Wallraff, „die in der Psychiatrie gelandet sind, auch von einem Selbstmordversuch.“

Der DGB und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), die zu der Aktion aufgerufen haben, prangern verspätete Gehaltszahlungen, teilweise keine Auszahlung des Lohns sowie Kündigungsverfahren gegen Betriebsräte an. Neben Wallraff auf der Bühne verweist Julia Kahle-Hausmann, SPD-Sprecherin für Umwelt und Verbraucherschutz, auf den Zusammenhang zwischen personellem Druck und Produktqualität: „Nur wenn ich halbwegs zufriedene Arbeitnehmer habe, kann ich davon ausgehen, dass sie ihre Arbeit vernünftig verrichten.“

Fast-Food-Kette unter Druck

Zufriedene Arbeitnehmer erhalten regelmäßiges Gehalt. Bei Burger King hingegen sei dies anders, behauptet Guido Zeitler, Referatsleiter für das Gastgewerbe bei der NGG: „Ich kenne Leute, die seit vergangenem Juli auf ihr Gehalt warten.“ Er sieht die Fast-Food-Kette „unter massivem Druck“. Das findet auch Wallraff: „Es gibt gewaltige Umsatzeinbußen, sie müssen reagieren, sonst können sie den Laden bald dicht machen.“

Wallraff hat ankündigt, seine Berichterstattung über Burger King fortzusetzen. „Es gibt Argumente, Fakten, Schilderungen. Da sind Menschen so in Not, da sind solche Verzweiflungen dabei – diesen Fällen muss nachgegangen werden.“ Bis er erneut darüber berichtet, könnten allerdings einige Monate vergehen. „Es kann auch sein, dass es erst Ende des Jahres weitergehen kann.“