Essen. Kleine Kirmes-Veranstaltungen in den Stadtteilen kommen unter die Räder, so Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerverbandes.
Dies zeigt auch das Beispiel der Osterkirmes am Borbecker Schloss in Essen. Ritter vermisst die Unterstützung von Politikern und Kommunen. „Es könnte hier mehr los sein. Aber die paar Buden und Karussells ziehen kaum noch.“ Eine Mutter gehört mit ihren Sprösslingen zu den Besuchern, die am Sonntag nach dem Eiersuchen die übersichtliche Osterkirmes am Borbecker Schloss besuchen. Gab es vor einigen Jahren noch mehr als ein Dutzend Wagen und Karussells, läuft der Jahrmarkt in dieser Woche bis kommenden Sonntag, 27. April, nur im vorderen Teil des beliebten Parks. „Am Samstag war mehr los“, sagt ein junger Mann.
„Bei den Kirmes-Veranstaltungen ist das so wie beim Einkaufen. Die Leute fahren bis zu 150 Kilometer zu den großen Jahrmärkten wie in Crange und in die dicken Einkaufstempel. Kleine Geschäfte und Rummel in den Stadtteilen kommen unter die Räder und verlieren“, sagt Albert Ritter. Der Präsident des Essener sowie des Deutschen Schaustellerverbandes vermisst vor Ort die Unterstützung von Politikern und Stadtverwaltung.
Politiker kämpfen für und gegen Kirmes
„Wir wollen keine Zuschüsse, sondern weniger Bürokratie. Für einen kleinen Rummel kann man nicht so hohe Sondernutzungsgebühren verlangen, wie auf den großen Top-Plätzen.“ Im Borbecker Schlosspark gehe es auf und ab wie auf der Raupe: Politiker unterstützten die Kirmes oder machten Stimmung gegen die Fahrgeschäfte. „Sie sitzen in allen Fraktionen. Mal sind die einen, mal die anderen auf Höhenflug.“ Ritter bedauert: „Vor Ort macht man es uns Schaustellern schwer. Aber der Fußballverband Uefa bekommt ein Sondergesetz für das Rudelgucken mit Lärm bis morgens um vier Uhr – und die zahlt keinen Cent an Steuern.“ Die Kollegen müssten dagegen jede Sondererlaubnis bezahlen.
Ritter setzt auf ein gutes Miteinander von Ämtern, Politikern und Schaustellern. „Aber während für Crange alle an einem Strang zeihen und oft ein Auge zudrücken, weil es von Marl über Herne bis Bochum beste Werbung bedeutet, scheitert die Schießbude oft an den Gebührenhürden örtlicher Behörden.
„Höher – schneller – überfliegen“
„Vor Ort betreiben wir Nachbarschaftspflege“, bewertet Albert Ritter den kleinen Rummel. „Hatten wir früher neben der Kirmes in Altenessen einige Rangeleien zwischen verschiedenen Volksgruppen, haben wir jetzt einen Bauwagen aufgestellt, in dem sich Mütter vieler Nationalitäten treffen – und die Lage hat sich entspannt“, sagt der Altenessener. Diesen Einsatz regelten die Schausteller unter sich, stellten diese Dienstleistung der Stadt auch nicht in Rechnung.
Ohne das Aufbauen von Buden und Karussells für wenige Tage auf kleinen Plätzen würden auch Schützenfeste an Anziehungskraft verlieren“, erklärt Ritter. Auch die Fürstäbtissin habe einst den Schlosspark zur Belustigung der Menschen aus der Umgebung angelegt. Sie sei wie Kirchweih die Wurzel der Kirmes vor Ort.
Manche Nachbarn in Borbeck sowie einige Ortspolitiker sehen das völlig anders und würden Schausteller gern dauerhaft abschrecken. Die Denkmalpfleger haben der Kirmes im Park noch kein Aufbauverbot erteilt. Mag sein, dass überdrehte Erwartungen vieler Menschen nach „höher – schneller – überfliegen“ der Nachbarschaftskirmes den Schwung rauben.