Essen. Hans Georg Nehen, Klinikdirektor von Haus Berge in Essen, beklagt, dass sich viele Krankenhäuser noch nicht auf die älter werdende Gesellschaft eingestellt haben. Katholische Krankenhausträger aus dem Bistum Essen wollen die Versorgung älterer Patienten mit „Geriatrienetz Ruhrbistum“ verbessern.
Ende März haben sie sich zum „Geriatrienetz Ruhrbistum“ zusammengeschlossen: sieben katholische Krankenhausträger aus dem Bistum Essen. Ihr Ziel: eine noch bessere Versorgung älterer Menschen, die in Kliniken behandelt werden müssen. Die beteiligten Häuser haben alle Geriatrien. Diese werden ihre Arbeit miteinander vernetzen, leitende Ärzte sich regelmäßig treffen, um sich über ihre Erfahrungen bei der Behandlung älterer Patienten auszutauschen.
Unter den Krankenhäusern, die sich hieran beteiligen, ist das Geriatrie-Zentrum Haus Berge in Essen. Klinikdirektor Prof. Hans Georg Nehen beklagt, dass sich viele Krankenhäuser noch nicht auf die immer älter werdende Gesellschaft eingestellt haben. „Der alte Patient muss sich meist den Strukturen einer Klinik anpassen. Es muss aber umgekehrt sein. Und das ist auch bei vielen ärztlichen Kollegen noch nicht richtig in den Köpfen.“
„Ein Beispiel: In Kliniken gibt es feste Abläufe, wecken, waschen, essen, putzen und so weiter. Der alte Patient ist vielleicht gerade eingeschlafen, wird immer wieder geweckt. So etwas bringt ihn aus dem Takt und ist der Gesundung nicht zuträglich“, erklärt Nehen. Menschen, die an einer Demenz litten, könnten nicht mit den Worten angesprochen werden: „Warum sind Sie denn wieder auf dem Flur? Ich habe Ihnen schon hundert Mal gesagt, dass Sie im Bett bleiben sollen. Ein Dementer weiß gar nicht, dass er im Krankenhaus ist.“
Auch bei der medizinischen Behandlung alter Menschen sei viel zu bedenken. „Ist jemand gestürzt und muss operiert werden, ist zu überlegen, mit welcher OP-Methode dies geschieht, damit der Patient sich möglichst schnell wieder belasten kann.“ Sonst könne es sein, dass jemand immobil werde.
„Viele Angehörige wissen nicht, was ihnen zusteht“
Zum Geriatrienetz Ruhrbistum – in dieser Form bislang NRW-weit einmalig – gehören neben Haus Berge in Essen, das Elisabeth Krankenhaus in Gelsenkirchen-Erle, das St. Josef Hospital in Gelsenkirchen-Horst, das St. Maria-Hilf-Krankenhaus in Bochum, das St. Clemens Hospital Sterkrade in Oberhausen, das St. Elisabeth-Krankenhaus in Hattingen und das Marien-Hospital Wattenscheid.
Diese Kliniken, betont Nehen, hätten alle eigene „Spezialitäten“. „Im Haus Berge sind wir auf Rheuma spezialisiert. Ein Diabetes-Schwerpunkt wird derzeit aufgebaut.“ Das am Netzwerk beteiligte Marien-Hospital Wattenscheid etwa habe eine geriatrische Reha-Klinik. „Es wird so sein, dass wir unter Umständen auch Patienten in ein anderes Krankenhaus des Netzwerkes schicken, weil dort die Experten für ihre Probleme sind.“
Würden alte Patienten aus einer Klinik entlassen, müssten im Vorfeld Fragen geklärt werden wie: „Gibt es Angehörige zu Hause, die sich kümmern? Benötigt jemand einen ambulanten Pflegedienst?“ Häufig, so Nehen, sei es auch so, dass ein Patient gebrechlich sei, der Ehepartner aber auch. „Da kommt ein Mann mit Demenz zu uns. Wir geben der Ehefrau schmutzige Wäsche mit nach Hause. Sie bringt sie schmutzig wieder mit – weil sie auch dement ist.“ Nicht zuletzt müssten pflegende Angehörige darüber aufgeklärt werden, was ihnen finanziell oder an unterstützender Hilfe zustehe. „Das wissen viele nämlich gar nicht.“