Essen. . Nach dem jüngsten brutalen Angriff gegen einen Fahrgast in einem Regionalexpress stellt sich mancher ÖPNV-Nutzer die Frage: Wie sicher sind Bahnen und Busse? Evag und Bahn AG beruhigen ihre Kunden, doch das subjektive Sicherheitsempfinden ist vielfach angeknackst.

Der Fall schockierte, auch weil der Auslöser so banal war: Jüngst trat ein Jugendlicher in einem Regionalzug im Essener Bahnhof einem 59-jährigen Mitfahrer beim Aussteigen in den Rücken, der Mann rutschte mit dem Bein zwischen Waggon und Bahnsteigkante und musste im Krankenhaus behandelt werden. Das Opfer hatte den Jugendlichen und seine Freundin lediglich ermahnt, ihre Füße nicht auf den Sitz zu legen.

Wenn Bürger, die von ihrer Angst berichten, häufig auf ihre rein subjektive Wahrnehmung verwiesen werden, so zeigt dieser Fall, dass man sehr wohl mitten in der Öffentlichkeit Opfer brutaler Schläger werden kann. Wie sicher darf man sich nun in Waggons und Bussen eigentlich fühlen? Deutsche Bahn und Evag verweisen auf ihr geschultes Personal und auf die Kameraüberwachung.

„Kein signifikanter Anstieg von Gewalttaten“

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Doch Zweifel bleiben. „Messerattacken hier, Prügelattacken dort. Unerkannt entkommene Täter, trotz jeder Menge Zeugen oder sogar Kameraüberwachung“, schreibt uns ein empörter WAZ-Leser. Müssen sich ÖPNV-Nutzer Sorgen um ihre Unversehrtheit machen? Nein, meint Evag-Sprecher Nils Hoffmann, Busse und Bahnen in Essen seien sicher. „Statistisch gesehen gibt es keinen signifikanten Anstieg von Gewalttaten“, so Hoffmann. 340 000 Menschen nutzen täglich die Evag-Fahrzeuge. Im Jahr komme es zu weniger als 70 „Tätlichkeiten unter Fahrgästen“, Fahrer würden im Schnitt etwa ein Dutzend Mal pro Jahr angegriffen.

Die Verkehrsgesellschaft verweist auf umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen. So seien täglich 26 Ticketprüfer im Einsatz, die sich auch um den Schutz der Fahrgäste kümmern würden. Am Wochenende fahren nachts zudem fünf Sicherheitsleute auf den Evag-Linien, bei heiklen Veranstaltungen wie brisanten Fußballspielen werde das Personal aufgestockt. Auch die Bahn antwortet uns mit der pauschalen Zusicherung: Zugfahren ist kein Sicherheitsrisiko.

Jeder dritte ÖPNV-Fahrer fühlt sich unsicher

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Das subjektive Empfinden vieler Fahrgäste ist jedoch ein anderes. NRW-weit gibt ein Drittel aller ÖPNV-Fahrer an, sich auf Bahnhöfen und an Haltestellen unwohl zu fühlen. Das ergab jüngst eine repräsentative Untersuchung des Vereins „Allianz Pro Schiene“. Die Allianz kritisiert, dass es zur Gewalt an Bahnhöfen und in Zügen keine verlässlichen Zahlen gebe.

Die Evag baut auf umfassende Kameraüberwachung, um das Sicherheitsgefühl ihrer Kunden zu stärken. In allen Bussen und 80 Prozent der Straßen- und U-Bahnen seien Kameras installiert, so Hoffmann. Auch die Bahnsteige würden mit insgesamt 250 Geräten überwacht. Aus Essener Bahnen soll also kein Gewalttäter unerkannt entwischen können.

Der jugendliche Treter aus dem Regionalexpress und seine Freundin konnten nach dem Überfall allerdings unerkannt fliehen – ausgerechnet in jenem Zug gab es keine Kameras.