Essen. . In Essen eilten Mitfahrer in der Linie 107 zur Hilfe, als sich eine Schlägerei anbahnte, und verhinderten so eine Eskalation. Da solche Situationen aber schnell gefährlich werden können, warnt die Polizei, dass Bürger sich richtig einschätzen sollen. Im Zweifel solle man lieber die Polizei oder den Fahrer alarmieren.

Fast täglich fährt Petra Arndt mit der Straßenbahn, doch vergangene Woche hat sie erstmals einen Angriff hautnah erlebt – und die folgende Zivilcourage, erzählt die 50-Jährige immer noch beeindruckt. Denn sonst höre man vielmehr von Fällen, in denen Menschen gleichgültig wegschauten.

Petra Arndt schildert ihr Erlebnis aus der 107, mit der sie von der Ernestinenstraße Richtung Stadtmitte fuhr: „Ein Volltrunkener erhob sich und wollte einem Mann mit der Faust ins Gesicht schlagen.“ Der habe ihn vielleicht beim Platz nehmen berührt, mutmaßt sie. Und dann ging alles ganz schnell: Eine Frau eilte herbei, legte dem Angreifer beruhigend die Hand auf die Schulter, ein weiterer Helfer kam hinzu. „Du setzt Dich jetzt und hälst den Mund“, habe der deutlich gesagt, ohne zu schreien. An der nächsten Haltestelle habe er den Betrunkenen zur Tür hinausbegleitet, der kleinlaut ausgestiegen sei.

Jeder muss entscheiden, was er sich zutraut

„Das hat mich beeindruckt. Beide haben sich vorbildlich deeskalierend verhalten. Ganz großes Kompliment und Hut ab vor dieser gelebten Zivilcourage“, sagt Petra Arndt einerseits. Gleichzeitig ist sie sich bewusst, „das hätte auch schief gehen und für die Helfer richtig gefährlich werden können.“ Daran habe in dem Augenblick wohl erstmal keiner gedacht.

<blockquote class="twitter-tweet"><p><a href="https://twitter.com/DerWestenEssen">@DerWestenEssen</a> <a href="https://twitter.com/search?q=%23zivilcourage&amp;src=hash">#zivilcourage</a> passiert in Essen öfter als man denkt. Erst letztens in der U18 erlebt.</p>&mdash; Stefan (@Rhezylia) <a href="https://twitter.com/Rhezylia/statuses/395086519431483392">October 29, 2013</a></blockquote>

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Wie sich Bürger richtig erhalten, dazu sagt Polizei-Sprecher Lars Lindemann: „Grundsätzlich muss jeder für sich selbst entscheiden, was er sich zutraut.“ Jeder Bürger müsse seine Leistungsfähigkeit richtig einschätzen. Diese Einschätzung werde beim Kampfsportler anders ausfallen als beim Senior. Auch Frauen können sich nicht darauf verlassen, dass eine Hemmschwelle für den Pöbelnden besteht. Deutlich gefährlicher wird die Situation, wenn der Angreifer wie hier unter Alkoholeinfluss stehe, weil der enthemmter reagiere.

Im Zweifel Polizei rufen oder Fahrer verständigen

Im Zweifel sollten Zeugen sich zurückhalten und die 110 wählen, dabei nicht darauf vertrauen, dass das schon jemand getan hat. Fahrgäste können auch den Fahrer informieren, der über Funk schneller Kontakt mit der Polizei aufnehmen kann, sagt Lindemann: „Es macht immer Sinn, die Polizei zu rufen.“

Auch, wenn der Angriff sich so plötzlich ergibt wie in der 107, denn gerade im Bereich der Stadtmitte ist mitunter ein Streifenwagen in der Nähe. „Es gibt Situationen, in denen eine Straßenbahn angehalten wird, bevor sie den nächsten Halt erreicht“, sagt Lindemann. Zwar endet nicht jede Rempelei in Bus und Bahn mit einer Körperverletzung, aber „eine Situation kann im weiteren Verlauf eskalieren“. In der 107 ging sie dank der Helfer glimpflich aus, sagt Petra Arndt: „Der ältere Herr war fix und fertig“. Erst im Hauptbahnhof konnte er sich für die Zivilcourage bedanken.