Essen-Rüttenscheid. . Sie hauchen Bahnhofsinterieur neues Leben ein: Trotz Preisen von bis zu fast 5000 Euro gibt es Nachfrage nach ausrangierten Uhren und Anzeigetafeln. Wie vier WG-Kumpels aus Rüttenscheid mit Glück und Gespür eine Marktlücke entdeckt haben.

Manchmal geht’s eben schnell. Vor einem Jahr noch waren sie ganz normale Studenten, Freunde, Mitbewohner. All das gilt noch immer, vor allem aber sind sie jetzt: Unternehmer. Jung, kreativ, ein bisschen hip – das Start-Up „Vierkant“ ist so, wie Rüttenscheid gerne überall wäre.

Georg Moser (27), Bernd Holarek (26) und Jonathan Overhoff (26) sitzen auf weißen Ledersofas in ihrer WG an der Rü, in einem Raum, der früher mal ein normales Wohnzimmer war und der heute ihre Werkstatt ist. An der Decke eine aus leeren Rumflaschen gebastelte Lampe, an den Wänden Werkzeugbänke, daneben die Sofas, ein Glastisch, ein Fernseher. „Dort in der Ecke stand mal ein Billardtisch“, sagt Holarek. Doch der Tisch musste weg, als die Studenten selbstständig wurden.

„Digital hat keine Haptik“

Die kurze Firmengeschichte begann, als „irgendwo im Ruhrgebiet“ ein kleiner Bahnhof saniert wurde – Georg Moser mag nicht sagen, wo genau. Weil Moser, der an der Uni Duisburg-Essen für Maschinenbau eingeschrieben ist, gerne altes Zeug sammelt, fragte er bei der Bahn an, ob er die alte Uhr haben dürfe. Er durfte, und er hatte eine Idee, welches Potenzial in dem schmucklosen Chronometer steckte.

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Zusammen mit seinen Kollegen werkelte er wochenlang daran herum, sie montierten die Uhr auf einen handgeschweißten Stahlsockel, erneuerten die Ansteuerungselektronik, bearbeiteten das Gebilde mit dem Sandstrahler, und fertig war die erste „Blockuhr in Stehtischhöhe“. Die Geschäftsidee der Rüttenscheider ist deshalb so bemerkenswert, weil sie offenbar eine Marktlücke gefunden haben: Aus altem Bahnhofsinterieur machen sie hochwertige Liebhaberstücke. So eine Blockuhr kostet stolze 4850 Euro.

Es gebe viele Freunde alter Dinge, sagt Moser, er schwärmt: „Digital hat keine richtige Haptik mehr. Mechanik dagegen ist zum Anfassen, sie macht klack-klack-klack.“ Deshalb fahren die vier Freunde (der 29-jährige Christoph Schuster vervollständigt das Quartett) kreuz und quer durch die Republik, kaufen der Bahn für kleines Geld ausrangierte Uhren ab und machen daraus Möbel. Inzwischen haben sie so viel Rohmaterial, dass die Jungunternehmer die ganzen Uhren bei Mosers Eltern in Voerde lagern – im Garten, die Dinger sind ja wetterfest. Derzeit arbeiten sie daran, ausrangierten Anzeigetafeln neues Leben einzuhauchen.

Angesichts ihres ungeplanten Erfolgs stehen die „Vierkant“-Jungs jetzt allerdings vor einer schweren Entscheidung: Sollen sie an der Uni bleiben oder voll auf die Unternehmerkarte setzen? „Das“, so Moser, „überlegen wir uns im Laufe dieses Jahres.“