Essen. . Die Alfried-Krupp-Klinik in Essen-Rüttenscheid hat eine aufreibende Betriebsratswahl hinter sich, an deren Ende es einen Verlierer gibt: die Gewerkschaft Verdi. Der Arbeitgeber soll daran mitgewirkt haben, dass eine Gegenliste zustande kam. Ob nun Ruhe in dem Haus einzieht, ist also fraglich.
Seit Monaten brodelt es im Krupp-Krankenhaus in Essen-Rüttenscheid, doch nun scheint ein Machtkampf, der sich offensichtlich quer durch die Belegschaft zieht, entschieden: Die bis dato starke Gewerkschaft Verdi hat bei den jüngsten Betriebsratswahlen eine herbe Schlappe erlitten und ihren schwergewichtigen Einfluss eingebüßt. Allerdings steht noch nicht fest, ob sie die Wahl anficht. „Wir prüfen das derzeit juristisch“, bestätigte Verdi-Vorsitzender Lothar Grüll. Bis Ende der Woche läuft die Widerspruchsfrist.
Bei der Betriebsratswahl hatte es eine regelrechte Kampfabstimmung gegeben. Mitarbeiter, die sich als Alternative zum bisherigen von Verdi dominierten Betriebsrat bezeichneten, hatten eine Gegenliste aufgestellt. Diese setzte sich nun mehrheitlich durch.
Verdacht: Management soll sich eingemischt haben
Die neuen Machtverhältnisse lauten nun: sieben Mitglieder stellt die „Neue Liste“, sechs kommen von der Verdi-Liste und zwei von der Ärzte-Liste des Marburger Bundes. Auch an der Spitze des Betriebsrats hat Verdi nun nicht mehr das Sagen: Jens Struck von der „Neuen Liste“ ist neuer Betriebsratschef, seine Stellvertreterin kommt von der Ärzte-Liste. Der bisherige Vorsitzende Manfred Altenschmidt hat seine Wahl nicht angenommen und bereits seinen Schreibtisch im Betriebsratsbüro geräumt.
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Kehrt nun Ruhe ein? Die Arbeit im neuen Betriebsrat dürfte schwierig werden. Schon vor der Wahl gab es große Spannungen, die bis vor dem Arbeitsgericht ausgetragen wurden. Der Wahlvorstand wollte die „Neue Liste“ nicht zulassen. Unter anderem gab es einen schwerwiegenden Verdacht: Der Arbeitgeber habe daran mitgewirkt, dass diese Gegenliste zustande kam. Wollte das Management so einen ihm wohlgesonnenen Betriebsrat installieren? Eindeutig wurde der Vorwurf vor Gericht nicht geklärt. Die Richterin ließ die Liste dennoch zu. Unabhängig davon hat Verdi gegen das Management der Krupp-Klinik Strafanzeige gestellt.
Betriebsrat wirbt für Gemeinsamkeit
Am Ende zeigt das Wahlergebnis vor allem eines: Eine Mehrheit der Mitarbeiter im Krupp-Krankenhaus wollte offensichtlich den Neuanfang, denn die Fronten zwischen dem alten Betriebsrat und der Geschäftsführung waren seit Jahren verhärtet; unzählige Gerichtsverfahren und Einigungsstellen anhängig. Als bleiern und nicht mehr konstruktiv empfanden daher viele die Art der Mitbestimmung in ihrem Haus.
Der andere Teil der Belegschaft, und auch das sind nach dem Wahlergebnis nicht wenige, unterstützt dagegen den hartnäckigen Kurs des bisherigen Betriebsrates. Immerhin war er es, der das Krupp-Krankenhaus Rüttenscheid 2009 zurück in den Tarifvertrag kämpfte und der vehement darüber wachte, dass dieser nicht ausgehöhlt wird. Dieser Teil der Belegschaft befürchtet sicher nun: Wird das auch der neue Betriebsrat leisten?
Betriebsratschef Jens Struck mag die Schwierigkeiten, die auf ihn zukommen, gar nicht schönreden. Aber er sagt auch: „Es geht jetzt nicht um das Gegeneinander, sondern wir wollen das Beste für die Belegschaft.“
Streit seit vielen Jahren
Der Haussegen zwischen Betriebsrat und Management im Alfried-Krupp-Krankenhaus Rüttenscheid hängt mindestens seit dem Jahr 2006 schief. Damals erklärte sich das Krankenhaus zu einer kirchlichen Einrichtung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Die Geschäftsführung teilte daraufhin dem Betriebsrat seine Auflösung mit. Doch der ging dagegen gerichtlich vor und siegte 2009 vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf.
Wie stark die Fronten am Krupp-Klinikum verhärtet sind und von einer Konsenssuche in der Mitbestimmung schon lange keine Rede mehr war, zeigte sich unter anderem darin, dass das Management 2012 das Küchenpersonal von einem auf den anderen Tag freistellte, ohne den Betriebsrat vorher überhaupt zu informieren. Auch Arbeitszeiten und Dienstplanregelungen sind immer wieder heftige Streitpunkte gewesen und beschäftigen Juristen.
Die Auseinandersetzung gipfelte im Sommer vergangenen Jahres darin, dass die Geschäftsführung einen Betriebsrat, der als besonders aktiv gilt, kündigen wollte. Man scheiterte damit. Das Vorgehen jedenfalls wurde von der Gewerkschaft Verdi und den Mitarbeitervertretern als Versuch gewertet, einen missliebigen Betriebsrat zu entfernen. Der Betroffene wird jedoch auch wieder im neu gewählten Betriebsrat sitzen.