Essen. Ahlam Bihnam stammt aus dem Irak, Makbule Dogan aus der Türkei. Mit über 40 drücken beide bei der Essener Volkshochschule und dem Berufsförderungszentrum noch einmal die Schulbank. Weil beide Frauen endlich beruflich auf eigenen Beinen stehen wollen.

Zwei Frauen, zwei Leben, die Stoff hergeben würden, für zwei spannende Bücher. Ahlam Bihnam, 43, im Irak geboren, und Makbule Dogan, die vor 44 Jahren in der Türkei zur Welt kam. Ihre Lebenswege kreuzen sich in Essen. Beide Frauen machen in der Mitte ihres Lebens ihren Schulabschluss nach und erhalten dazu eine sechsmonatige berufliche Grundbildung beim Berufsförderungszentrum (BFZ). Diese soll sie fit machen für einen späteren Berufseinstieg.

Fünf Monate haben beide Frauen dafür zunächst bei der Essener VHS Deutsch, Mathe, Englisch, Geschichte, Physik und Informatik gepaukt. Beim BFZ, Anbieter beruflicher Bildung und städtische Tochter, bekommen sie jetzt einen Eindruck davon, wie schwierig es ist, eine Firmenbilanz zu erstellen und schnuppern auch ein wenig hinein in die Betriebswirtschaftslehre. Denn beide möchten einmal in kaufmännischen Berufen arbeiten.

Eine alleinerziehende Mutter ohne Ausbildung

Makbule Dogan ging als Kind mit ihren Eltern in die Niederlande. Vater und Mutter waren berufstätig. Als sie in der sechsten Klasse war, wurde sie von ihnen aus der Schule genommen. Sie musste zu Hause im Haushalt helfen, „unterwürfig sein“, erzählt sie. Mit 17 Jahren war sie verlobt, es folgte eine „Zwangsheirat“, wie Makbule Dogan sagt.

Der Hauptschulabschluss mit Berufseinstieg

Nach dem Sozialgesetzbuch III besteht ein Rechtsanspruch auf einen nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses. Dieser wird gefördert durch Bildungsgutscheine der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter, nach vorheriger Absprache mit diesen.

Der Fortbildungskurs „Hauptschulabschluss mit Berufseinstieg“ des Berufsförderungszentrums (BFZ) richtet sich an Erwachsene ohne Schulabschluss, die arbeitslos sind oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind.

Auskünfte hierzu erteilt das BFZ (www.bfz-essen.de), Karolingerstr. 93, in ihrem Kundencenter: Mo-Do: 9-15 Uhr, Fr. 9-14 Uhr; Hotline: 0800/2393 773

Sie bekam zwei Töchter. Nach zehn Jahren ließ sie sich von dem Mann scheiden, der sie schlug. Und war eine alleinerziehende Frau, „ohne eine Ausbildung, ohne einen Schulabschluss“. Es folgten zwei weitere Lieben, die wieder enden sollte. Mit 44 Jahren will sie jetzt auf eigenen Beinen stehen, einmal später ihr Geld als Chefsekretärin verdienen. Ahlam Bihnams Wunschberuf wäre Bürokauffrau. Bis zum Jahr 2000 hat sie im Irak lebte. Ihr Mann, ein Maschinenbau-Ingenieur, ging nach Essen, stellte dort einen Asylantrag. Sie folgte ihm, wurde Mutter zweier Söhne, dolmetschte in Deutschland, kümmerte sich als so genannte Stadtteil-Mutter im Auftrag der Diakonie um arabische Familien. Jetzt, mit 43, möchte auch Ahlam Bihnam endlich einen eigenen Beruf erlernen.

Sie und Makbule Dogan verbindet nicht nur die gemeinsame Fortbildung, sondern auch ein Rezeptbuch, zu dem sie Tipps beisteuerten. „Süße Speisen“ – eine Idee von Heike Hurlin, Leiterin der schulischen Weiterbildung bei der VHS. Sie bat 20 ihrer Kursteilnehmer um Rezepte aus ihrer fernen Heimat. „Weil wir uns bei der Volkshochschule über das gemeinsame Lernen hinaus auch für die Herkunftsländer der Menschen interessieren, die zu uns kommen“, betont Hurlin. Ahlam Bihnam und Makbule Dogan haben sich sehr darüber gefreut.