Essen. Es ging um Zungenküsse, Streicheln an intimen Stellen und einen regen SMS-Verkehr: Eine 29-jährige Erzieherin muss sich vor Gericht verantworten, weil sie einen 13-Jährigen in 46 Fällen sexuell missbraucht haben sollte. Vor Gericht hat sie ihre Taten eingeräumt - in stark abgeschwächter Form.

Es ist ihr peinlich. Dass sie den 13-jährigen Realschüler sexuell missbraucht hat, räumt die 29 Jahre alte Erzieherin am Mittwoch vor der Essener Jugendschutzkammer unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein. Stark schwächt sie aber ab, dass sie den Jungen unter Druck gesetzt habe.

Ein Jahr lang lief das, was sie als Liebe bezeichnete. 46 Fälle des sexuellen Missbrauchs vom 7. September 2011 bis zum 19. August 2012 listet die Anklage auf. Es sind Handlungen, die eher im unteren Bereich möglicher Missbräuche liegen. Zungenküsse, gegenseitiges Streicheln oberhalb der Kleidung an intimen Stellen. Sie kannte den Jungen seit dem fünften Schuljahr aus der Nachmittagsbetreuung seiner Schule in Essen. Als er in der siebten Klasse war, gestand sie ihm ihre Liebe.

Laut Anklage wollte er die „Beziehung“ nach kurzer Zeit wieder abbrechen. Da soll sie ihm gedroht haben, dem Jugendamt zu erzählen, dass er von seinem Vater geschlagen werde. Dann sei er allein, weil dem Vater das Sorgerecht entzogen werde. Später hätte sie den Eindruck erweckt, es liege nur an ihr, dass er die Schule nicht verlassen müsse.

Liebeserklärung aus Angst vor Selbstmord

Auch von Stalking spricht die Anklage. Als er im Sommer endgültig Schluss machen wollte, soll sie ihn mit SMS bombardiert und darin mit Selbstmord gedroht haben. Deshalb habe er ihr wieder seine Liebe versichert, bevor er nicht mehr antwortete und sich seiner Mutter anvertraute. Polizei und Schule wurden informiert, die Erzieherin ging selbst in die Psychiatrie.

Sie habe auch heute noch Probleme und denke an eine Behandlung, sagt sie im Prozess. Zu Beginn hatte sie berichtet, mittlerweile lesbisch zu sein, sie habe eine feste Freundin.

1500 SMS über Stunden vorgelesen

Ihr nicht öffentliches Geständnis reicht dem Gericht offenbar nicht aus. Es will aber versuchen, dem Jungen die Aussage vor der Strafkammer zu ersparen. Über mehrere Stunden lesen die Richter deshalb die 1500 SMS vor, die im August 2012 zwischen den beiden kursierten. Gerade am letzten Tag des SMS-Verkehrs wird die Angeklagte drohender, bleibt aber zusehends ohne Antwort. Wie es dem Jungen gehe, will Richterin Luise Nünning von seinem Anwalt Rüdiger Gardeya wissen. „Anfangs“, so der Anwalt, „hat er gedacht, er könne es verarbeiten. Aber in den letzten Wochen ist es schlimmer geworden“.