Essen. Die Filmregisseurin Margarethe von Trotta hält als Mercator-Professorin einen Vortrag in der Essener Lichtburg. Ihr Thema sind drei große Frauen – Hannah Arendt, Hildegard von Bingen und Rosa Luxemburg. Warum von Trotta einst vor der Uni floh, was ihr die Professur bedeutet, warum sie Feministin ist.

Ihren ersten Vortrag als Mercator-Professorin der Uni Duisburg-Essen hat Regisseurin Margarethe von Trotta am 10. Dezember im Duisburger Audimax gehalten. Für ihren zweiten kommt sie am 11. Dezember in die Lichtburg. Ein Ort, den sie liebt, wie die 71-Jährige gesteht. Hier hat von Trotta schon einige umjubelte Premieren ihrer Filme gefeiert – im vergangenen Jahr noch die von „Hannah Arendt“.

Warum ist die Lichtburg für Sie ein besonderer Ort?

Margarethe von Trotta: Die Lichtburg ist für mich das schönste Kino, das ich kenne! Meine letzten vier Filme hatten hier ihre Premieren, die ,Rosenstraße’, ,Ich bin die Andere’ mit Katja Riemann, ,Hildegard von Bingen’ und im vergangenen Jahr ,Hannah Arendt’.

Die Lichtburg erinnert auch an große, alte Kinozeiten.

von Trotta: Ja! In Düsseldorf, wo ich aufgewachsen bin, gab es in meiner Kindheit ein Kino, das hieß ,Apollo’. Dort gab es noch Varieté-Nummern vor dem Film. Heute gibt es Trailer oder Werbung. Da ist man ja schon ermüdet, wenn der Film anfängt, so dass man gar nicht mehr richtig hinschaut.

Was bedeutet Ihnen Ihre Mercator-Professur?

Diese Ehre ist schon etwas Besonderes, auch wenn ich es sonst mit der Ehre nicht so habe. Ich kann mich auch mal als Vortragende ausprobieren. Ich gebe zu: Vor den über 1200 Leuten in der Lichtburg heute Abend habe ich schon richtig Angst...

Mercator-Professur erinnert an Universalgelehrten

Mit der 1997 eingerichteten Mercator-Professur soll das wissenschaftliche Vermächtnis des berühmten Duisburger Kartographen und Universalgelehrten Gerhard Mercator (1512 -1594) wachgehalten werden. Die Persönlichkeiten, die bisher eine Mercator-Professur innehatten, kommen aus Kultur, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.

Zu ihnen gehören unter anderem der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker, Ex-Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher, Filmregisseur Volker Schlöndorff, der Journalist Ulrich Wickert, die Nobelpreisträgerin Prof. Christiane Nüsslein-Volhard, der Publizist Dr. Peter Scholl-Latour sowie die Journalistin Alice Schwarzer.

Ulrich Radtke, Rektor der Universität Duisburg-Essen, betonte anlässlich der Ernennung Margarethe von Trottas zur Mercator-Professorin: „Sie ist eine Meisterin der bewegten Bilder, deren Werke international ausstrahlen. Mit der ihr eigenen Handschrift ermöglicht sie neue Sichtweisen, insbesondere auf große Frauen der Weltgeschichte. Gleichzeitig setzt sie Maßstäbe, wie Zeitgeschichte filmisch aufgearbeitet werden kann.“

Von Trotta lebt privat in Paris und München. Sie ist unter anderem Mitglied der Europäischen und der Deutschen Filmakademie. 2010 wurde sie mit einem Stern auf dem Boulevard der Stars in Berlin ausgezeichnet.

Sie werden dort über die Philosophin Hannah Arendt (1906-1975), die Kommunistin Rosa Luxemburg (1871-1919) und die Äbtissin Hildegard von Bingen (1098-1179) sprechen. Was bedeuten Ihnen diese Frauen-Persönlichkeiten, über die Sie ja Filme gedreht haben?

von Trotta: Die Frage war: Was kann ich in der Vorlesung erzählen, was mit meiner Arbeit zu tun hat.

Wir Feministinnen – das war ich ja mal und bin es vielleicht immer noch – haben ja nach Frauen in der Geschichte gesucht, die auch Vorbild-Charakter haben. Hildegard von Bingen ist zeitlich weit weg. Aber Rosa Luxemburg und Hannah Arendt sagen ja auch noch etwas über die deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert aus.

Was meinen Sie: Hat sich der Feminismus überlebt?

von Trotta: Wir haben heute eine Kanzlerin, sogar eine Verteidigungsministerin. Da könnte man denken, da gibt’s nichts mehr zu meckern. So ist es aber nicht. Frauen bekommen für die gleiche Arbeit oft immer noch nicht den gleichen Lohn wie Männer.

Sind Universitäten eigentlich eine gute Schule für das Leben?

von Trotta: Für meinen Beruf bin ich eher von der Uni geflohen. Das war mir alles zu intellektuell, zu trocken. Ich brauchte auch etwas Künstlerisches. Erst bin ich Schauspielerin gewesen, dann Regisseurin. Da atmet man anders als auf der Uni.

Infos zur Veranstaltung

Für die Vorlesung Margarethe von Trottas am heutigen Dienstagabend ab 18 Uhr in der Essener Lichtburg gibt es noch einige Restkarten. Eine kostenlose Karte kann man sich online sichern: www.uni-due.de/de/mercatorprofessur
Der Vortrag dauert 90 Minuten.

Wenn ich so mitbekomme, was die Studenten heute alles leisten müssen. Dann immer noch die Angst vor der Konkurrenz. Das hatten wir früher nicht, diese Ängste. Man hatte das Gefühl einer gewissen Ruhe, das sehe ich nicht mehr.

Sie arbeiten an einem neuen Film, der in weiten Teilen in NRW spielt.

von Trotta: Ja. Mein erster Drehtag wird der 6. März sein. Es wird ein Film über das Verhältnis zweier Schwestern. Die Hauptrollen spielen Katja Riemann und Barbara Sukowa. Auch Karin Dor spielt mit. Wir drehen in Düsseldorf, Wuppertal, Köln, München. Zuletzt noch drei, vier Tage in New York. Mehr wird noch nicht verraten.