Essen. . 38 Jahre lebte sie im falschen Körper. Auf dem langen Weg vom Mann zur Frau stand für Pamela Halling der letzte medizinische Schritt an: die Geschlechtsanpassung. Privat suchen frühere Freunde und Kollegen wieder Kontakt, ihre Eltern lehnen sie strikt ab. Beruflich gibt es Vorurteile statt Jobs.

Als Pamela Halling nach der Operation aufgewacht ist, war ihr sofort klar: „Jetzt ist es endlich so, wie es sein soll“, sagt sie nach der Geschlechtsanpassung und spricht von einem wunderschönen Moment. Es war der letzte medizinische Schritt auf dem Weg zur Frau. Denn 38 Jahre lang lebte sie im falschen Körper: Sie war Guido, war Ehemann und Familienvater, war Oberfeldwebel und Feuerwehrmann, Kaufmann, Kfz-Mechaniker.

Heute ist sie Pamela – und sie ist angekommen: „Ich bin endlich ich“, sagt die 41-Jährige: „Mein Körpergefühl passt zum Ich.“ Blickt sie auf 2013, so ist es für sie ein perfektes Jahr gewesen, allerdings eines mit Rückschlägen. Dazu zählt der Schlaganfall, den sie erlitten hat.

Lebensang Hormone nehmen

„Ich werde lebenslang Hormone nehmen müssen und zähle daher zu den Risikopatienten“, sagt Pamela Halling. Sie hat sich zurückgekämpft, hat wieder sprechen und laufen gelernt. Und die große Operation nicht abgesagt.

Dabei stand anfangs gar nicht fest, dass sie diesen Eingriff überhaupt wagen würde. Damals, als sie mit ihrer zweiten Ehefrau im Internet herausfand, was eigentlich mit ihr los ist. Die Lösung hieß Transidentität, ein Leben mit dem falschen Geschlecht. Das bedeutete für Guido als Schüler erst Neid auf die Mädchen, die sich schminkten und frisierten, später Depressionen und Aufenthalte in der Psychiatrie.

Guido ist Schritt für Schritt verschwunden

Guido wollte nicht mehr leben. Kaum vorstellbar für diejenigen, die heute einer lebensfrohen Pamela begegnen. Schritt für Schritt ist Guido verschwunden, erst aus allen Dokumenten, dann wichen nach und nach die körperlichen Merkmale. „Ich jage aber nicht jedem weiblichen Attribut hinterher“, sagt Pamela Halling, für die feststand, dass sie keine riesigen Brüste will. „Es muss zu meinem Körper passen“, sagt sie und stellt klar: „Ich bin kein Paradiesvogel, sondern Frau Pamela Halling.“ Sie lebe endlich so wie sie es sich immer wünschte.

Pamela Halling spürt, dass die komischen Blicke weniger werden, betont gleichzeitig, dass sie in ihrer Wahlheimat Essen nie einen bösen Kommentar oder das Wort Transe gehört habe. Diskriminiert fühlt sie sich dennoch, weil ihr kein Chef eine Chance gebe. Dabei wünscht sich die 41-Jährige sehr, wieder arbeiten zu können.

Buch "Schlaflos in Essen" über Pamela Hallings Leben

Immerhin stand sie zwölf Jahre bei der Bundeswehr und dann als selbstständiger Dozent mitten im Berufsleben. „Ich habe dem Staat gedient, nun muss ich um jeden Euro betteln“, deutet sie ihre erniedrigende Erfahrung mit dem Jobcenter an. Nun soll sie mit Hilfe eines Bildungs-Gutscheins eine Umschulung zum Anwendungs-Programmierer beginnen. Es wäre ihr fünfter Beruf.

Transsexualität - Aus Guido wird Pamela

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    In der Zwischenzeit hat Pamela Halling zu Hause in Altendorf ein Buch verfasst, das unter dem Titel „Schlaflos in Essen“ erschienen ist. Es ist ihrem „geliebten Engel“ gewidmet, ihrer Frau Sabine, die stolz ist: „Alle reden davon, ein Buch schreiben zu wollen, Pam macht es einfach.“ Verdienen wird sie daran nichts, da sie ihren Anteil aus dem Verkauf an den Verein Trans-Kinder-Netz spendet. „Der ist für transidente Kinder und deren Eltern da ist“, erklärt Pamela Halling, deren Eltern sich von ihr abwandten.

    Die Töchter hatten nie Vorurteile, als aus Papa dann Pamela wurde

    All ihre Erfahrungen schildert sie im Internet (www.schlaflosinessen.blogspot.de). Der WDR hat ihre Geschichte bereits ausgestrahlt, im NDR diskutierte sie mit einem Pastor. „Ich fühle mich geehrt, wenn Menschen auf mich zukommen.“ Bei den Auftritten kann sie auch Vorurteile ausräumen: „Aufklärung ist mein wichtigstes Anliegen.“

    Ihre Töchter (5 und 15) hatten nie Vorurteile, es ist ja ihr Papa und immer öfter Pam: „Die Kinder wachsen in die Situation rein.“ Regelmäßig fährt Pamela Halling ins Dorf, in dem die zwei bei ihrer Mutter leben. Dort gibt es wieder Kontakte zu früheren Kollegen, die nun sagen: „Eigentlich bis du derselbe Mensch.“ Der Weg zu solcher Selbstverständlichkeit bleibt schwer: „Aber er macht glücklich. Und er ist der einzige, um zu überleben.“