Messe-Chef Kuhrt fährt auch Ausbau-Gegner zum Wahllokal
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Essen. Wie kriegt man den Bürger zum Abstimmungslokal? Messe-Chef Oliver P. Kuhrt griff am Sonntag zum Autoschlüssel, stieg hinter das Steuer und holte persönlich Bürger in Essen ab, um sie zur Abstimmung zu fahren. Dabei teilten nicht alle Fahrgäste die Interessen des Messe-Chefs.
Wahlkämpfer der Parteien kennen diese Übung am Wahltag: Ältere Menschen oder solche mit Behinderung zum Stimmlokal zu chauffieren. Die Messe Essen tut’s an diesem Schicksal-Sonntag ebenfalls. Am Steuer: kein Geringerer als Messe-Chef Oliver P. Kuhrt. In weiteren Messe-Taxen unterwegs: Betriebsratschef Thorsten Urban und Geschäftsführer Egon Galinnis.
„Wir sind ja keine Wahlkämpfer, aber heute spüre ich die ganze Intensität der Entscheidung“, sagt der Messe-Chef, der sich so fühlen muss wie einer, den sie ins kalte Wasser geworfen haben. Denn der Tag, an dem das Essener Wahlvolk über den künftigen Kurs seines Unternehmens befindet, ist erst sein 19. auf der Kommandobrücke der Messe-Gesellschaft.
Bürger kippen Messe-Umbau
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In den elf Jahren davor hatte Oliver P. Kuhrt erfolgreich als Marketing- und Vertriebsleiter der Messe Köln gewirkt. Schon seit Monaten, also weit vor dem offiziellen Dienstbeginn am 1. Januar, ist er in Essen in der Mission „Messe-Jobs-Stadt“ unterwegs.
Ohne Fahrservice hätten die meisten ihre Stimme nicht abgegeben
Die meisten Essener, die sich an diesem Sonntag von den Messe-Leuten zum Stimmlokal fahren lassen, hätten sonst womöglich nicht ihre Stimme abgegeben. „Einige waren gehbehindert, andere auf den Rollator angewiesen“, sagt Thorsten Urban, der Betriebsratschef. Wie die ältere Dame aus Frintrop, die sich erst im letzten Moment entschied, ihre Stimme abzugeben - übrigens für die Sache der Messeleute. „Essen ist meine Heimatstadt und hier ist schon so viel kaputt gegangen“, begründet die Messe-Freundin ihr Engagement.
Missioniert oder gar bedrängt wird niemand in Oliver P. Kuhrts „Messe-Taxi“. Bis kurz vor drei hat er zwölf Fahrten absolviert - mal nach Bredeney, mal nach Katernberg. Jetzt geht’s nach Stoppenberg - in eine moderne Reihenhaus-Siedlung nahe der Kokerei Zollverein. Das Ehepaar, er von Beruf Ingenieur, muss zur Nelli-Neumann-Förderschule gefahren werden.
Drei Auto-Kilometer zeigt Kuhrts „Navi“ dafür an. Zu Fuß hätten sie übrigens nur ein paar hundert Meter gebraucht. „Diesen Spaß erlaube ich mir einfach“, sagt der Mann mit einer gewissen Boshaftigkeit - und gibt sich nach der Stimmabgabe denn auch als entschiedener „Erweiterungsgegner“ zu erkennen. Die 123 Millionen Euro für die Messe-Modernisierung könne man sinnvoller ausgeben, argumentiert er, etwa für marode Schulen. Und fügt hinzu: „Für stinkende Schultoiletten und kaputte Fußböden in manchen Schulen würde ich mich schämen.“
Oliver P. Kuhrt scheint zu spüren, dass er in seinem BMW X 3 jetzt keine „Sympathisanten“ nach Hause kutschiert. Und bleibt trotzdem höflich und gelassen. Als er durch die Backwinkelstraße fährt, sagt der Neu-Essener überrascht: „Mensch, das ist ja schön hier.“
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