Essen. Das Grundwasser steigt - nicht nur im Essener Stadtteil Karnap, wo Hausbesitzern und Mietern nun endlich geholfen werden soll. Die Emschergenossenschaft nennt jetzt weitere bedrohte Stadtteile. Derweil stagnieren die Gespräche beim Land über die Frage, wer kommt für die Sanierung auf?
In Karnap holen sich Hausbewohner im eigenen Keller schon mal nasse Füße, so hoch steht das Grundwasser. Anwohnern in Dellwig und in Altenessen könnte es genauso ergehen, warnt die Emschergenossenschaft.
„Wir werden den Stadtwerken deshalb vorschlagen, die beiden Stadtteile näher unter die Lupe zu nehmen“, kündigt Sprecher Ilias Abawi an - bevor die Stadtwerke auch dort Abwasserkanäle sanieren und das Grundwasser weiter steigt. Berchembach und Graiten-graben lautet bei der Emschergenossenschaft der Arbeitstitel, benannt nach den beiden Gewässern.
Als eine Spätfolge des Bergbaus hatte die Wasserwirtschaft das Grundwasserproblem schon vor einem Jahrzehnt für die gesamte Emscherregion benannt. 27 Quartiere, in denen Handlungsbedarf besteht, sind inzwischen identifiziert. Heute dienen dort vielerorts marode Kanäle als Drainagen. Sind die Rohre erst einmal dicht, entfällt diese Wirkung, wie in Karnap geschehen. Erst als dort in schöner Regelmäßigkeit das Wasser in den Kellern stand und Politiker vor Ort nicht länger tatenlos zusehen wollten, nahm man sich einer Lösung des Problems an.
Mit dem Bau eines Entwässungssystems soll in diesem Jahr begonnen werden
Inzwischen üben Stadtwerke, Emschergenossenschaft, Stadt Essen und die RAG in Karnap den Schulterschluss. Mit dem Bau eines drei Kilometer langen Entwässerungssystems soll in diesem Jahr begonnen werden. Kosten: rund sieben Millionen Euro, von denen die RAG die Hälfte tragen wird. Gestern Abend wurden Anwohner auf einer Bürgerversammlung darüber informiert, was auf sie zukommt.
Andernorts ist man davon eine gefühlte Ewigkeit entfernt. Dabei hatte Umweltminister Johannes Remmel das Grundwasserproblem zur Chefsache erklärt. Schon Mitte 2013 sollte eine wasserdichte Rahmenvereinbarung mit der RAG und der Emschergenossenschaft als Sachverwalter kommunaler Interessen dem Tisch liegen. Schmallippig sagte dazu gestern ein Ministeriumssprecher, die Gespräche würden fortgeführt.
Betroffen ist ein 134 Quadratkilometer großes Gebiet
Augenscheinlich geht es nach wie vor ums liebe Geld. Im Raum stehen 430 Millionen Euro, welche öffentliche Träger aufbringen müssen. Betroffen ist ein 134 Quadratkilometer großes Gebiet. Dieses „trocken zu legen“ sei eine Generationenaufgabe. Strittig bleibt, welchen Anteil die RAG an der Finanzierung trägt. Es gilt das Verursacherprinzip, heißt es im Ministerium.
Doch Verursacher von Bergsenkungen, die das Grundwasser zum Problem machen, gibt es viele, ohne dass deren Rechtsnachfolger mit am Tisch säßen. Bis zu einer Einigung könnten Jahre vergehen, so ein Beteiligter. Tröstlich für Anwohner in Dellwig und Altenessen: Nach Auskunft der Stadtwerke sind dort großflächige Kanalsanierungen erst einmal nicht geplant.