Essen. 400.000 Euro in insgesamt 800 Fünfhundertern will eine 63 Jahre alte Essenerin im betrunkenen Kopf ins Klo gespült haben. Das behauptet sie im Prozess vor dem Landgericht Essen. Die Staatsanwaltschaft vermutet dagegen, dass sie das Geld ihrem Mann vorenthalten hat.
Kann ein Mensch so betrunken sein, dass er 400.000 Euro in der Kloschüssel wegspült? Genau das behauptet eine Lottogewinnerin aus dem Essener Stadtteil Borbeck, deren inzwischen verstorbener Mann seinen Anteil an ihrer Glückssträhne eingefordert hatte. Verantworten muss die 63-Jährige sich vor dem Landgericht Essen wegen „Vereiteln der Zwangsvollstreckung“. Das Amtsgericht Essen-Borbeck hatte der Frau in erster Instanz geglaubt und sie frei gesprochen.
Es ist nicht die beste Wohngegend in Borbeck, wo Ende Oktober 2011 ein Glücksbote der Lottogesellschaft schellte. Einen Gewinn von rund 1,2 Millionen Euro, erzielt mit zwei Tippscheinen, kündigte er der Frau an. Und damit begann der Ärger. Denn auf einmal sei ihr pflegebedürftiger Mann verschwunden gewesen, erzählt die Angeklagte vor Gericht. Sie hätte ihn damals wegen eigener Probleme in die Kurzzeitpflege eines Heims gegeben, und dort hätten ihn seine Töchter, die er immer nur „die Viecher“ genannt habe, abgeholt. Kurz danach hätten sie im Namen des Vaters das Scheidungsverfahren eingeleitet.
Ehemann wollte die Hälfte
Dabei ging es auch um den Lottogewinn, von dem der Mann die Hälfte haben wollte. Auf dem Konto lag das Geld nicht mehr. Vor Richterin Annette Rabe, Vorsitzende der VIII. Strafkammer, beschreibt die Angeklagte ihr fast sinnliches Verhältnis zum Geld. Sie sei immer arm gewesen und habe deshalb die Scheine zu Hause sehen wollen. Die Gesamtsumme habe ihr auch gar nicht zugestanden, weil die Hälfte der 1,2 Millionen von ihrem Sohn aus erster Ehe gewonnen wurde. Warum der ehemalige Hartz-IV-Empfänger das Geld nicht auf seinem eigenen Konto sehen wollte, blieb ungeklärt.
Von ihrem Anteil habe sie dann in einem gerichtlichen Vergleich ihrem Mann die Hälfte zugesichert, 280.000 Euro. Gezahlt hatte sie diese Summe nie, auch eine Zwangsvollstreckung brachte nichts. Denn das Geld war weg, sagt die Angeklagte. Sie sei damals in einer schlechten psychischen Verfassung gewesen. Völlig frustriert habe sie an jenem Tag, der sie wieder arm gemacht haben soll, schon morgens Tabletten genommen und vier bis fünf Flaschen Sekt geleert. Ab 21 Uhr fehle ihr die Erinnerung. Sie will nur wissen, dass sie am nächsten Morgen im Wasser der Kloschüssel zwei zerrissene 500-Euro-Scheine gesehen habe. Offenbar habe sie über Nacht 800 Scheine unwiederbringlich entsorgt. Geld für den Ex-Mann gab es nicht.
Das Amtsgericht hielt die Geschichte von der teuren Klospülung für nicht widerlegbar und sprach die Frau frei. Entrüstet legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Schon praktisch sei es nicht möglich, 800 Fünfhunderter durch den Abfluss zu jagen. Vor Ende Januar wird das Landgericht aber zu keinem Urteil kommen.