Essen. Wellness mit Knabber-Fischen ist in vielen Ländern im Trend. Ein Friseur aus Essen brachte die Geschäftsidee ins Ruhrgebiet. Eineinhalb Jahre ging das gut. Dann machte das Landesumweltamt dem Ganzen ein Ende. Jetzt muss ein Gericht entscheiden, ob die Tiere wieder zur Pediküre eingesetzt werden dürfen.

Der Rüttenscheider Friseur Nadim El Khechen ist sauer. Er hat 2011 mehrere tausend Euro investiert, um in seinem Salon drei Aquarien mit Kangalfischen zu bestücken. Diese kleinen Tiere haben jegliche Scheu vor Menschen verloren, sie knabbern abgestorbene Haut von Händen oder Füßen.

Eineinhalb Jahre lang hat El Khechen seinen Kunden „Fischpediküre“ anbieten können. Dann entschied das Landesumweltamt, dass es sich bei der Verwendung von Kangalfischen zu kosmetischen Zwecken um Tierquälerei handle: „Nicht erlaubnisfähig“, hieß es in der entsprechenden Verfügung. Kurz darauf besuchten Mitarbeiter des Ordnungsamts den Salon „Catwalk“ auf der Rüttenscheider Straße und wiesen El Khechen auf den neuen Beschluss hin. Er wurde verwarnt: Sollte er die „Fischpediküre“ weiter anbieten, würde eine hohe Strafe fällig.

El Khechen schaltete einen Anwalt ein, seit August 2012 geht er gerichtlich gegen die Landesverfügung vor. „Aber die rühren sich überhaupt nicht“, beklagt der 37-Jährige den Stillstand der Verwaltung, der ihm wirtschaftlich schade. „Ich stecke in einer richtigen Zwickmühle.“

Die Kunden kamen in Scharen

Mit seiner „Fisch-Pediküre“, war El Khechen ein Vorreiter in NRW. Im Fernsehen hatte er damals einen Bericht über einen Fisch-Spa in Spanien gesehen. Er holte die Geschäftsidee nach Deutschland. Die Kunden kamen in Scharen, im Internet verkaufte er massenhaft Gutscheine. Dennoch sei die Knabberei der Fische für den Friseur immer nur ein Zusatzgeschäft gewesen. „Damit kann man nicht reich werden“, sagt El Khechen. Eine 30-minütige Behandlung habe rund 30 Euro gekostet.

Ein furchtloses Tier ohne jegliche Scheu vor Menschen

Der karpfenartige Kangalfisch ist benannt nach seiner Herkunft: der Kangal-Region in der Türkei. Er lebt in der Natur in sehr warmen und nährstoffarmen Gewässern. Evolutionsbedingt hat er keine Scheu vor dem Menschen. Die nur wenige Zentimeter großen Tiere schwimmen bei der Nahrungssuche auf Menschen zu und knabbern aufgeweichte Hautschichten ab.

Die Knabber-Fische könnten möglicherweise Krankheiten übertragen, heißt es. In Studien gibt es dazu widersprüchliche Aussagen. Auch bei schlechter Wasserqualität könnte eventuell eine Infektionsgefahr bestehen.

Tierschützer kritisieren die Fischhaltung. „Tiere sind nicht dazu da, dem Menschen zu dienen“, sagt Tanja Breining von der Tierrechtsorganisation Peta. „Die Haltungsbedingungen in einem Aquarium sind alles andere als natürlich. Es ist möglich, dass die Tiere dabei zu Schaden kommen.“

Das Landesumweltamt sieht das ähnlich. Ärzte, so das Amt, dürften die Fische zu medizinischen Zwecken weiter einsetzen. Die Behörde sieht aber die gewerbsmäßige Haltung des Kangalfisches „mit den Grundsätzen des ethischen Tierschutzes nicht vereinbar“ und kritisiert, dass den Fischen „unvermeidbare Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt werden“.

„Umsetzen“ steht in der Kritik

Im Zentrum der Kritik steht die Praxis des „Umsetzens“. Vor der Behandlung, so das Umweltamt, würden die Fische mit einem Kescher aus ihrem Aquarium gehoben und in ein anderes Becken gesetzt, wo sie dann über Füße oder Hände der zahlenden Kunden herfallen würden. Die unvermeidbare Folge für das Tier sei: Stress.

„Wir keschern aber überhaupt nicht“, erwidert El Khechen. Deshalb sei die Verordnung des Umweltamts angreifbar. Seine Fische würden sich stets in dem selben Aquarium aufhalten. Er tue alles, um eine artgerechte Haltung zu gewährleisten: Der Besatz der Becken sei mit etwa 40 Exemplaren bewusst gering gehalten, die Tiere hätten Versteckmöglichkeiten, laufend werde das Wasser gefiltert und regelmäßig gewechselt. Außerdem habe er früher pro Tag nur zwei Behandlungstermine vergeben. „Die Fische kommen mit der Situation gut zurecht, sie pflanzen sich sogar fort“, sagt El Khechen, der sich seit mehr als 30 Jahren auch privat mit der Aquaristik befasst.