Essen. . In Essen steht ein 37-jähriger Gelsenkirchener vor Gericht, der wiederholt Mitschüler seines Sohnes missbraucht haben soll. Der Mann bestreitet die Vorwürfe, spricht von einer „Verschwörung“ der Kinder. Der Mann ist Erzieher, arbeitet in der Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Erzieher ist er. Anvertraut sind ihm in einer Essener Klinik Kinder, die schwierig sind und besonderer Betreuung bedürfen. Ausgerechnet dieser Mann, ein 37 Jahre alter Gelsenkirchener, soll mehrfach zwölf, dreizehn Jahre alte Mitschüler seines Sohnes sexuell missbraucht haben. Er bestreitet die Vorwürfe.

Als Verkäufer für Damenmode verdiente er früher sein Geld. Von seiner Ehefrau ist er lange getrennt, erzieht den gemeinsamen Sohn alleine. Das Kind habe früh Schwierigkeiten gemacht, sei schnell ausgerastet, habe andere Kinder auf dem Spielplatz mit Steinen beworfen. Auch das mag ein Grund gewesen sein, dass er umschulte. „Ich wollte schon immer Erzieher werden“, erzählt er im Gericht und fügt hinzu, dass er als Kind vier Jahre lang im Heim lebte. „Das war für mich wie eine Familie“, sagt er. Schließlich landete er als Erzieher in der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Essener Uni-Klinikum. Freundlich erzählt er davon.

Junge schlief mehrfach beim Sohn des Angeklagten

Die Anklage zeichnet ein anderes Bild. Sie liest sich, als fordere der 37-Jährige wie selbstverständlich, was ihm nicht erlaubt ist. Im Frühjahr vergangenen Jahres übernachtete ein damals zwölf Jahre alter Junge mehrfach beim Sohn des Angeklagten, schlief auf einer eigenen Matratze im Zimmer des Mitschülers. Der Angeklagte soll jeweils an dem Kind sexuell manipuliert haben, als der Junge schlief. Wenn er aufwachte und dem Erwachsenen sagte, dass er das nicht wolle, ließ dieser auch ab, heißt es in der Anklage. Einmal soll er aber brutal versucht haben, seine Interessen durchzusetzen. Als der Junge von der Toilette kam, soll der 37-Jährige ihn mit dem Arm am Hals gepackt und auf ein Sofa gezerrt haben. Erst als der Junge weinte, habe er aufgehört, ihm die Unterhose auszuziehen.

Dreist auch der zweite Punkt der Anklage: Als ein anderer Mitschüler beim Sohn des Angeklagten übernachtete, fuhren sie am nächsten Tag zu dritt ins Essener Einkaufszentrum Limbecker Platz. Dort soll er die Gelegenheit genutzt haben, als sein Sohn in der Umkleidekabine stand. Unverblümt habe er dessen Freund zum Oralsex aufgefordert.

Erzieher weist die Behauptungen zurück 

Es gibt noch einen dritten Mitschüler, der von sexuellen Übergriffen des Angeklagten spricht. Die Staatsanwaltschaft hat aber entschieden, dessen Fälle nicht anzuklagen. Gehört wird der Junge vom Gericht trotzdem. Er bleibt bei den Vorwürfen.

Der Erzieher weist die Behauptungen der Anklage zurück. Die Kinder hätten sich wohl abgesprochen, deutet er eine Verschwörung an. Er glaubt an eine Racheaktion. Eines der Kinder habe sich bei ihm zu Hause nicht an die Regeln gehalten, sei viel zu locker geworden. Da habe er ihm die Besuche untersagt. Das sei der Grund für die Vorwürfe: „Ich denke, er sagt das, weil er nicht mehr kommen durfte.“

Strenge Regeln sollen Misstrauen gegen männliche Erzieher eindämmen

Das Verfahren, auch wenn es ein Einzelfall ist, wirft ein Schlaglicht auf die Bemühungen, verstärkt männliche Erzieher einzustellen. Unbestritten ist, dass den Kindern alleinerziehender Mütter die Vaterrolle fehlt. Erzieher sollen für einen Ausgleich sorgen. Damit erst gar kein Misstrauen aufkommen kann, gibt es zum Teil strenge Regeln. Erst vor vier Wochen hatte das Landgericht Essen einen 31-jährigen Erzieher aus Gelsenkirchen verurteilt, der im Waschraum einer Kindertagesstätte drei kleine Mädchen sexuell missbraucht hatte. Er setzte sich über die Anordnung hinweg, dass die Männer nicht mit den Kindern in den Waschraum gehen dürfen.

Im aktuellen Fall hatte eine Mutter Bedenken, dass ihr Sohn in der Wohnung des Angeklagten übernachten sollte. Die 37-Jährige stockt während ihrer Aussage. Sie war besonders sensibel, weil erst vor einem Jahr im Landgericht der Prozess gegen einen Nachbarn lief, der ihre Tochter missbraucht hatte. Ihre Bedenken beim Sohn zerstreuten Freunde. Der Vater des Mitschülers arbeite doch mit Kindern, ihm würden doch Kinder vom Klinikum in Essen anvertraut.