Essen. Essens SPD-Chef Dieter Hilser hört in den Ortsvereinen zur Großen Koalition viel Skepsis. Er selbst war gegen den „unkalkulierbaren“ Mitgliederentscheid. Rund 4450 Sozialdemokraten sind stimmberechtigt. Wo die SPD in den nächsten Tagen Mitglieder und Interessierte zum Koalitionsvertrag informiert.

Beliebt scheint sie an der SPD-Basis wirklich nicht zu sein, die Große Koalition. Wenn schon der Vorsitzende skeptisch ist: „Ich persönlich bin noch nicht entschieden“, sagt Landtagsabgeordneter Dieter Hilser, zugleich Vorsitzender des Ortsvereins Oststadt.

Und wenn er so in die Essener Partei hinein höre, dann registriere er derzeit mehr Abneigung und Unmut. „Es wird schwer werden, die SPD-Basis zu überzeugen“, prognostiziert Hilser. Bei vielen gebe es da einfach eine emotionale Sperre: „Im Wahlkampf war die CDU schließlich unser Hauptgegner, nun soll man wieder in einer Regierung zusammenkommen“ - und das obwohl die Große Koalition bis 2009 der SPD nicht gut bekommen ist.

Koalitionsvertrag genau studieren

Hilser sieht allerdings neben Stimmungen auch inhaltliche Probleme: „Wir sind angetreten, die Schere zwischen arm und reich etwas zu schließen, etwa durch Erhöhung des Spitzensteuersatzes.“ Viel sei davon in den Verhandlungen nicht übrig geblieben.

Hilser will sich selbst nun erst einmal im Detail kundig machen, was der Vertrag enthält - und rät dies auch den rund 4450 SPD-Mitgliedern, die in Essen abstimmungsberechtigt sind. „Die Frage ist natürlich: Wer lässt sich von Stimmungen beeinflussen?“, sagt Hilser. Eben weil das Votum in seinen Augen „unkalkulierbar“ ist, „hätte ich diesen Weg nicht gewählt“, so Hilser. „Der klassische Ablauf über Parteitage und Delegierte, die der Basis anschließend Rede und Antwort stehen, wäre besser gewesen.“

Entscheidung aus dem Bauch erwartet

Jöran Steinsiek, Vorsitzender des Ortsvereins Kettwig, teilt Hilsers Skepsis. „Ich kenne zwar Genossen, die klar für die Koalition sind, aber der Grundtenor ist derzeit eher Ablehnung.“ Er selbst wisse noch nicht, wie er abstimmen werde. „Es wird eine 51 zu 49 Entscheidung“, sagt Steinsiek.

Eine solche erwartet auch Theo Jansen, Vorsitzender des Mitglieder stärksten Ortsvereins aus Altenessen. „Am Ende wird es eine Entscheidung aus dem Bauch.“ Die Mehrheit der Altenessener Genossen tendiert nach Jansens Einschätzung wohl zu einem „Nein“. Die letzte große Koalition sei noch nicht vergessen. „Und da standen wir als SPD am Ende da wie die Doofen.“

Zustimmen oder ablehnen

Thomas Rotter, SPD-Vorsitzender auf der Margarethenhöhe, sieht auch mit Blick auf das Verhandlungsergebnis keinen Grund für ein „Ja“. Die Verabredungen zur Rente mit 63 und zum Mindestlohn seien viel zu vage. Gerade beim zentralen Wahlkampfthema Mindestlohn hätte auch Thomas Osterholt, Vorsitzender der SPD Dellwig, mehr erwartet. „Als Gewerkschafter erwarte ich den Mindestlohn sofort.“

Zustimmen oder ablehnen - Osterholt schwankt noch. Hans-Ulrich Krause legt sich hingegen fest. Er will den Steelenser Genossen Zustimmung empfehlen, weil sich nur von der Regierungsbank etwas bewegen ließe. Ein „Nein“, ist sich Manfred Kuhlmann, Vorsitzender in Gerschede, sicher, würde die SPD vor eine Zerreißprobe stellen.

Hier informiert die SPD in Essen zum Koalitionsvertrag 

Die SPD Essen bietet Mitgliedern und interessierten Bürgern folgende Informationstermine an:

  • 30. November, 15 h, Awo-Treff, Sartoriusstr. 58: Guntram Schneider, NRW-Sozialminister und Mitglied der Arbeitsgruppe, die in den Koalitionsverhandlungen das Thema „Arbeit und Soziales“ verhandelte.
  • 1. Dezember, 11 h, Clubhaus Tusem, Fibelweg 7: Michael Groschek, NRW-Bauminister, Arbeitsgruppe „Verkehr, Bauen und Infrastruktur“.
  • 3. Dezember, 18 h, Awo-Treff Bergerhausen, Weserstr. 82: Rolf Mützenich, MdB.
  • 4. Dezember, 19 h, Rathaus Bredeney, Bredeneyer Str. 131: Oliver Scheytt, Arbeitsgruppe „Kultur und Medien“
  • 4. Dezember, 18 h, Rathaus, Raum 2.20
  • 5. Dezember, 19 h, Bootshaus des TVK 1877, Kampmannbrücke 1: Axel Schäfer, MdB
  • 5. Dezember, 19.30 h, Gaststätte Hubertusburg, Steeler Straße 444
  • 6. Dezember, 18 h, Café Forum-Apostelkirche, Mülheimer Str. 70-72: Anette Kramme, MdB, Arbeitsgruppe „Arbeit und Soziales“
  • 6. Dezember, 19 h, Luise-Schröder-Sozialzentrum
  • 8. Dezember, 11 h, Gaststätte Hahnenkorb, Altenessener Str. 450