Essen. Am Baldeneysee könnten Fische bald per Lift das Wehr in der Ruhr überwinden. Die ersten Tests des Ruhrverbandes sind jedenfalls vielversprechend. Jetzt muss aber erstmal weiter geforscht werden, um am Ende nicht Millionen im Wasser zu versenken.

Lassen sich die Fische in der Ruhr veräppeln? Eine Frage, der der Ruhrverband am Baldeneysee jetzt tiefer auf den Grund gehen wird. Um den Fluss am dortigen Wehr für Fische durchlässig zu machen, müssen sich die Experten nämlich Besonderes einfallen lassen: Sie testen, ob ein Fischaufzug die Fische neun Meter nach oben übers Wehr in den Baldeneysee fahren könnte. Doch dafür müssen einige Tricks funktionieren, so dass die Fische überhaupt in den Aufzug schwimmen.

Das Zauberwort heißt Strömung. Denn ohne sie finden die Fische gar nicht erst den Weg in den Lift. Die ersten Untersuchungen dazu liefen bereits im Sommer dieses Jahres und nun steht fest: Es könnte funktionieren. Gleich neben dem RWE-Wasserkraftwerk existiert im Wehr ein ehemaliges Rückpumpwerk, das Wasser in dürren Zeiten wieder Ruhr aufwärts pumpen sollte. Das ist heute nicht mehr notwendig. Und so könnte an dieser Stelle der Fischlift gebaut werden, denn die Strömungsverhältnisse dort sind zumindest vielversprechend.

Das Computer-Modell
Das Computer-Modell © Hydro-Energie Roth GmbH

Bis Klarheit herrscht, ob der Lift tatsächlich kommt, wird noch fast ein Jahr mit weiterer Forschung vergehen. Der Ruhrverband hat sich dazu Unterstützung von Experten u.a. aus Karlsruhe gesucht. In Modellen werden die Verhältnisse am Baldeneysee für weitere Tests – auch am lebenden Fisch – nachgebaut. Schließlich will der Ruhrverband nicht riskieren, Millionen ins Wasser zu versenken.

Zwei Millionen Euro Kosten

Schätzungsweise zwei Millionen Euro würde der Lift-Bau kosten. Viel Geld, aber immerhin deutlich weniger, als andere Lösungen, die der Ruhrverband im Köcher hat – eine Fischtreppe oder ein so genannter Schlitzpass wären laut Verband mehr als doppelt so teuer. Ganz davon abgesehen, dass für eine Fischtreppe neben dem Wehr derzeit auch kein Platz wäre.

Der Leiter des Talsperren- und Stauseebetriebs, Hermann Knotte (links), und der Fischereisachverständige Markus Kühlmann leiten das Projekt.
Der Leiter des Talsperren- und Stauseebetriebs, Hermann Knotte (links), und der Fischereisachverständige Markus Kühlmann leiten das Projekt. © WAZ FotoPool

Alle Hoffnungen knüpfen sich an den Lift. Denn der Ruhrverband muss spätestens bis 2027 eine EU-Vorgabe umgesetzt haben, wonach Fließgewässer wie die Ruhr wieder für Fische und andere Lebewesen durchgängig sind. „Wir machen das also nicht zum Spaß“, sagt Ruhrverbandssprecher Markus Rüdel. Falls das Experiment am Baldeneysee klappt, wäre es vielleicht eine Lösung auch fürs Kettwiger Wehr.

Wasser drückt Fangkörbe in die Höhe

Eine Liftanlage, wie sie dem Verband am Baldeneysee vorschwebt, gibt es bundesweit noch nicht. Sie soll aus zwei Liftsäulen mit drei Meter Durchmesser bestehen, in die Wasser fließt. Dieses drückt die Fangkörbe im Inneren in die Höhe. Drei Minuten würde die Liftfahrt dauern.

Dabei würden die Aufzüge im Wechsel arbeiten, so dass ständig Fische hineinschwimmen können und nicht irritiert wieder abdrehen. Fische sind eben sensible Wesen.