Essen. . Sie mieteten Autos an, die sie unterschlugen, oder klauten die Fahrzeuge, die sie später im Internet gutgläubigen Käufern anboten. Vor dem Landgericht Essen muss sich ein 22-Jähriger verantworten, der als Hauptbeschuldigter einer Gruppe von Autodieben gilt.

Autodiebstahl in ganz großem Stil wirft die Staatsanwaltschaft einer Gruppe junger Essener vor. Seit Donnerstag prüft die II. Strafkammer am Landgericht Essen die Vorwürfe. Angeklagt ist dort der Hauptbeschuldigte Vladimir B. aus dem Essener Stadtteil Altendorf mit einem mutmaßlichen Komplizen, 23 Jahre alt.

Vor Gericht schweigen die beiden zunächst. Dabei hat es bereits Urteile gegen andere Gruppenmitglieder gegeben. Auf fünfeinhalb Jahre Haft lautete eines davon. Zwei Lieferquellen existierten laut Anklage: Die Gruppe bezog Autos, die im In- oder Ausland gestohlen worden waren, oder sie unterschlug Autos, die sie bei Mietwagenfirmen geordert hatte. Ausgestattet mit falschen Papieren wurden die Autos dann im Internet bei mobile.de oder autoscout 24 angeboten.

Autos mussten zurückgegeben werden

Mit richtigen Kaufverträgen wechselten die Wagen die Besitzer. Die Käufer waren in der Regel arglos und wunderten sich, als die Polizei auftauchte, dass sie Diebesgut erworben hatten – mit der zum Teil bitteren Konsequenz, dass sie das Auto an den ursprünglichen Besitzer zurückgeben und den Kaufpreis abschreiben mussten.

Vladimir B. muss sich vor dem Landgericht für 42 dieser Taten verantworten. Auf Betrug, Urkundenfälschung und Hehlerei lauten die Vorwürfe. Aufgefallen war die Organisation den Behörden, als in Rheinland-Pfalz ein Auto mit offensichtlich gefälschten Papieren angemietet werden sollte, das beim Mietwagenverleih Sixt in Essen angemietet und nie zurückgegeben worden war.

Hinweis aus Rheinland-Pfalz

Nach dem Hinweis aus Rheinland-Pfalz suchte die Polizei Anfang des Jahres die Essenerin auf, die den VW Golf gemietet hatte. Sie gab sich arglos. Sie hätte es für einen Bekannten bestellt, der es beruflich nutzen und dann bei Sixt abgeben wollte. Während die Polizei mit ihr sprach, gingen auf ihrem Handy Nachrichten ein, wo ein Auto abzustellen sei.

Der Rest war polizeiliche Kleinarbeit. Als wieder ein angemieteter Golf bei mobile.de auftauchte, wurde ein Scheinkauf durchgeführt. Immer deutlicher wurde aus Polizeisicht die Struktur der weit verzweigten Gruppe.

Zum Prozessauftakt schweigen die Angeklagten zunächst. Fall für Fall muss das Gericht die Beweislage prüfen. Richter Andreas Labentz versucht, dem ermittelnden Kriminalbeamten die Erinnerung an bestimmte Fälle ins Gedächtnis zu rufen. Es klingelt tatsächlich. Deutlich wird, dass man auch in Diebeskreisen auf verlässliche „Geschäftskontakte“ setzt: So kamen die in Frankreich gestohlenen Autos ausschließlich aus dem nordfranzösischen Lille.