Essen. Geschäftsleute und Kunden klagen seit langem über katastrophale Zustände am Tor zur „Einkaufsstadt“, das zum „Open-Air-Klo“ verkommt. Essens Ordnungsdezernent will die Trinker- und Drogenszene am Willy-Brandt-Platz mit einer „Null-Toleranz-Strategie“ verdrängen.
Die Stadt will künftig konsequent gegen die Trinker-Szene am Willy-Brandt-Platz vorgehen. Ordnungsdezernent Christian Kromberg kündigte gegenüber dieser Zeitung eine „Null-Toleranz-Strategie“ an diesem Brennpunkt an.
Voraussetzung dafür sei eine so genannte „Interventions-Streife“, die die Szene am U-Bahnausgang konsequent beobachte und bei jeder Ordnungswidrigkeit einschreite. „Dies schließt auch die Möglichkeit des Platzverweises ein“, sagte der Beigeordnete.
Geschäftsleute und Kunden klagen seit langem über katastrophale Zustände am Willy-Brandt-Platz. Das Entree zur „Einkaufsstadt“ ist ein Schandfleck geworden, an dem von morgens bis abends ausgiebig gezecht wird. Mit haarsträubenden Begleiterscheinungen. Größtes Ärgernis ist seit einiger Zeit der stinkende Treppenaufgang unmittelbar am Hotel Handelshof. Dieser ist ein wichtiger Fluchtweg – insbesondere für Mitarbeiter und Kunden des benachbarten Warenhauses.
Tatsächlich ist der eingezäunte und eigentlich verschlossene Aufgang jedoch zu einer „Freiluft-Toilette“ verkommen. Um auf die „Klo-Treppe“ gelangen zu können, wird das Tor regelmäßig aufgebrochen. Neben Fäkalien finden sich dort auch Heroinspritzen, heißt es. Die Stadtverwaltung arbeitet mit Hochdruck an einer „technischen Lösung“: Im Gespräch ist eine Art Deckel, der über die Treppe gelegt werden soll.
Ordnungsdezernent Kromberg hofft, dass sich die unwillkommene Szene durch die dauerpräsente Ordnungsstreife vom Willy-Brandt-Platz verdrängen lässt.
Erfolgreicher Kampf gegen Junkie-Szene südlich des Hauptbahnhofs
Wie schon beim erfolgreichen Kampf gegen die Junkie-Szene an der Südseite des Hauptbahnhofs arbeitet das Ordnungsdezernat auch im Fall Trinkerszene Hand in Hand mit dem Sozialressort. Sozialdezernent Peter Renzel sagt: „Wir brauchen die Balance zwischen repressiven Maßnahmen und flankierenden Hilfsangeboten.“ Dieser Kompromiss habe auch im Fall Straßenstrich funktioniert.
Anders als in Großstädten wie Kiel und Dortmund, wo versucht wird, die Alkoholiker-Szene über spezielle „Trinkräume“ von der Straße zu locken, werde Essen auf vorhandene Einrichtungen zurückgreifen: etwa auf das „Krisencafé“ der Suchthilfe.
„In der dreimonatigen Testphase im Frühsommer sind durchweg positive Ergebnisse erzielt worden“, resümiert Renzel. Von 116 regelmäßigen Besuchern des „Krisencafés“ hätten 20 Prozent kontrolliert Alkohol konsumiert - also Wein und Bier. „Es gab keinen Ausschank und auch keinen harten Alkohol“, fügt der Sozialdezernent hinzu. 40 Prozent der Nutzer gaben an, normalerweise Szenetreffs wie Willy-Brandt-, Kopstadt- und Weberplatz aufzusuchen. Was Renzel optimistisch stimmt: Viele Trinker im Krisencafé behaupteten, die Szenetreffs während der Testphase ganz oder weitgehend gemieden zu haben. Demnächst fährt er in die Niederlande, um zu erfahren, wie „Trinkräume“ drüben funktionieren.