Essen. Die Klagen über die Trinker-Szene gegenüber dem Hauptbahnhof mehren sich. Stein des Anstoßes ist unter anderem ein „Open-Air-Klo“ nahe der Touristikzentrale. Um sich gegen die unwillkommene Szene zu schützen, haben etliche Kaufleute am Platze bereits die Notbremse gezogen und eine private Sicherheitsfirma verpflichtet.

Eigentlich sollte der Willy-Brandt-Platz am Hauptbahnhof die Visitenkarte der „Einkaufsstadt“ sein. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus: Privates Sicherheitspersonal geht Streife, und - schlimmer noch - es stinkt erbärmlich zum Himmel. Angesichts der hartnäckig ausharrenden Trinker- und Junkieszene am U-Bahnschacht macht sich unter Geschäftsleuten nicht nur Wut breit, sondern vielfach auch Resignation.

„Die reine Katastrophe ist das hier“, schimpft Gökcay Baydar, der Inhaber des Tabak- und Lottoladens am Eck des Handelshof-Komplexes. Stein des Anstoßes an diesem repräsentativen Entree zur City ist das „Open-Air-Klo“ direkt zwischen Hotel und Bahnhof: eine alte Treppe zur U-Bahn, die wohl immer noch als Notausgang dient.

Auch Touristen empören sich über Gestank

Das graue Geländer haben sie eigens mit scharfen Stahlzacken versehen, damit bloß niemand drüber springt und unten seine Notdurft verrichtet. Doch die abschreckende Wirkung der Zacken ist praktisch gleich Null. Denn das Eisentor wird dauernd aufgebrochen, so dass es fast immer offensteht.

Im Hotel Handelshof nebenan berichtet Verkaufsleiter Axel Schwarz von seiner Wut. „Jedes Mal wenn das Tor aufsteht, alarmieren wir die Stadt; aber kaum haben sie es repariert, wird’s wieder aufgebrochen“, sagt er, und fügt achselzuckend hinzu: „Mitunter dauert es extrem lange, bis die Stadt reagiert.“

Der Ausgang des Bunkers am Willy-Brandt-Platz. Hier stinkts manchmal zum Himmel
Der Ausgang des Bunkers am Willy-Brandt-Platz. Hier stinkts manchmal zum Himmel © WAZ FotoPool

Wenn die Sonne draufknallt und dazu noch eine kräftige Brise über den Platz streicht, entfaltet das „Open-Air-Klo“ seine ekligste Wirkung. Die ist so schlimm, dass genervte Touristen wie auch empörte Essener ins Tourismusbüro stürmen, um die ebenfalls verzweifelnden Berater inständig um Abhilfe anflehen.

„Das zieht einem die Schuhe aus“

„Eine Visitenkarte ist das wirklich nicht“, ärgert sich auch der Geschäftsführer des Essener Einzelhandelsverbandes Marc Heistermann. Über die Geruchsbelästigung sagt er: „Wirklich schlimm - das zieht einem die Schuhe aus.“

Um sich gegen die unwillkommene Szene zu schützen, haben etliche Kaufleute am Platze - vom Juwelier über die Parfümerie bis zum Hotelier - bereits die Notbremse gezogen und die private Sicherheitsfirma Issa verpflichtet. „Wir hatten es sogar mal geschafft, die Szene erfolgreich zu verdrängen, aber jetzt sind die Leute wieder da“, berichtet Inhaber Mohamed Issa. Eine Handhabe habe er jedoch nicht: „Das ist öffentlicher Raum, hier kann sich aufhalten, wer will.“

Hotel will Videoüberwachung anschaffen

Im Ärztehaus neben der Hauptpost hat Issa inzwischen einen Wachmann postiert, der zwischen 8 und 14 Uhr die Stellung hält. „Junkies hatten sich dort oben versteckt und Drogen gespritzt“, berichtet er. Sobald der „doorman“ abziehe, übernehme der Streifendienst die Bewachung: darunter Respekt einflößende „Kleiderschränke“ wie Sascha Wolters.

Auch an der Rezeption des „Handelshofes“ schaut Issas Patrouille regelmäßig vorbei - besonders in den Abendstunden. Begnügen will sich das Vier-Sterne-Hotel damit nicht mehr. „Wir werden bald eine Videoüberwachung installieren“, kündigt Axel Schwarz an.