Essen. Hunderte Stunden haben Essens Radfahrer und Wanderer investiert, um einen Stadtplan zu entwerfen, der allen gerecht wird, selbst Autofahrern. Dazu haben sie alle Straßen und Wege auf ihre Befahrbarkeit getestet.

Radfahren kann so erholsam sein – aber auch ernüchternd, etwa wenn man sich plötzlich mitten auf seiner Tour im Essener Nirgendwo wiederfindet – auf Schotterpisten, schlammigem oder sandigem Untergrund. „Das ist sehr ärgerlich, vor allem, wenn man sich auf eine schöne Radtour mit der Familie oder Freunden durch die Stadt gefreut hat. Das muss aber nicht sein“, sagt Rolf Fliß, Sprecher der Essener Fahrrad-Initiative (Efi). Er ist als „radelnder Bürgermeister“ bekannt, denn sein Drahtesel ist ihm das liebste Gefährt. Hunderte Stunden Pedalarbeit hätten er, seine Efi-Mitstreiter und Mitglieder des lokalen Sprosses des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) sowie des sauerländischen Gebirgsvereins in den vergangenen Monaten investiert, um Straßen und Wege zu „klassifizieren“ und ihnen „eine Signatur zu geben“, wie Fliß erklärt. Am Ende dieser gemeinschaftlichen Leistung steht ein komplett überarbeiteter Radfahr-Stadtplan inklusive Wanderkarte, herausgege­ben vom Essener Kommunalverlag.

Unterwegs mit Stock und Helm

„Wir haben Straßen und Wege einzeln auf ihre Befahrbarkeit getestet“, sagt Essens ADFC-Vorsitzender Rüdiger Sang. Denn Weg sei schließlich nicht gleich Weg, „da gibt’s entscheidende Unterschiede“. Und so findet der geneigte Radler und Wanderer mit der neuen Karte sich sicher ganz gut zurecht: Ein einfacher Strich bedeutet zum Beispiel, dass der Weg sich gut zum gemütlichen Wandern eignet, nicht aber zum Radfahren. Ist der Strich un­terbrochen, ja dann handelt es sich um einen Trampelpfad. „Also nichts für Radfahrer, vor allem nicht bei Regen“, meint Fliß.

Schmalstriche zeigen an, dass Wege für Radfahrer nutzbar sind. Sind blaue Pfeile mit weißem Innenleben erkennbar, handelt es sich um Einbahnstraßen, die für Radfahrer auch in Gegenrichtung freigegeben sind. Das Wegenetz der Stadt ist so nach seiner Nutzbarkeit erfasst – für Wanderer, Rad- und Autofahrer sowie an Kultur- und Freizeit-Interessierte. Die beiBrüder Mirko und Sascha Tacken vom Kommunalverlag Tacken, den ihr Großvater in den frühen 1960er Jahren als Druckerei gegründet hat, sind ebenso für die Neuauflage mitgeradelt. Stadtpläne und Karten sind ihr Metier. „Außerdem radeln wir selbst gerne durch Essen“, sind sich beide einig.

Ihr Plan, gefalten als sogenannter Leporello (mit Zickzack-Falz), lässt sich besonders gut auf dem Rad verwenden. „Wir haben die Schrift etwas größer gemacht, damit die Straßennamen besser erkennbar sind“, so Sascha Tacken. Neben dem rot-weiß beschildertem Hauptrad-Routennetz findet sich auch das geplante Ergänzungsnetz wieder, wie aktuelle bauliche Planungen im Deilbachtal und bei der Nordbahn. Ebenso tauchen die elf beschilderten Essener Radrouten auf, Fahrradstraßen, Steigungsinformationen, alle Bahntrassen und Metropolrad-Ruhr-Verleihstationen, dazu Fahrradhändler und Werkstätten. „Denn wer auf der Strecke einen Platten hat, freut sich sicher, wenn er weiß, wo ihm schnell geholfen wird“, sagt Mirko Tacken.

Drei Fragen an Rolf Fliß, Sprecher der Essener Fahrrad-Initiative (Efi)

1. Elf Fahrradrouten führen durch Essen – alle festgehalten in den Fahrradkarten der Stadt. Welche ist Ihre persönliche Lieblingsroute?

Die Naturroute. Sie ist aus der Lenkrad-Perspektive besonders gut gelungen, da sie abseits der Hauptverkehrsstraßen führt und die östliche Stadthälfte gut einbezieht. Sie führt vom Siepental an der Ruhr über das Hangetal bis hin zum Rhein-Herne-Kanal. Wenn man es clever machen will, schließt sich für die Weiterreise ein Routenvorschlag ein: Am Rhein-Herne-Kanal kommt man über die Wanne-Herner-Erzbahntrasse am Erlebniszoo Gelsenkirchen und über den Mechtenberg wieder zurück. Das ist eine wunderbare Rundroute.

2. Haben Sie auch einen Tipp für diejenigen, die lieber zu Wanderschuhen statt zum Rad greifen?

Aus Wandersicht ist natürlich der bergische Weg eine attraktive neue Route südlich des Baldeneysee, über die das Bergische Land entdeckt werden kann. Da gibt es sicher die eine oder anderer Ecke auf der Strecke, die man vorher nicht kannte. Ganz wichtig: Die Wege sind vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club, der Essener Fahrrad-Initiative und vom sauerländischen Gebirgsverein auf Schusters Rappen und Drahteseln getestet worden.

3. Macht es denn Sinn, vorher seine Radfahrrouten zu planen?

Die Planung ist relativ leicht, da bekannte Routen abseits von Hauptverkehrsstraßen in der neuen Karte mit roten Punkten hinterlegt worden sind. Mit Hilfe der ,OpenStreetMap’ im Internet kann sich jedermann aber auch Karten nach seinen ganz eigenen Bedürfnissen entwerfen und die Strecken abradeln.

Der neue Kombi-Stadtplan

Der neue Kombi-Stadtplan des Essener Kommunalverlags Tacken verbindet die Themen Fahrrad, Wandern, Freizeit, Kultur und Auto in einer einzigen Karte für unterwegs. Der Plan enthält einen Stadtplan im Maßstab 1:20.000 und Detailkarten im Maßstab 1:10.000 – für die Innenstadt, Kettwig, Werden, Kupferdreh, Rüttenscheid, Steele und Borbeck. Die sechste Auflage des Kombi-Stadtplans ist ab sofort für jeweils fünf Euro im Buchhandel, im Internet und bei zahlreichen Fahrradgeschäften erhältlich. ISBN: 978-3-89641-640-7