Essen. Ein ungewöhnlicher, aber notwendiger Umzug: Der neue Standort der Einrichtung ist das Elisabeth-Krankenhaus. Für die frühere Anlaufstelle im Südviertel fehlten auf Dauer freiwillige Helfer. Zwölf Jahre lang setzen sich Ehrenamtliche und Schwestern jede Nacht ein.

16 Mal läutete der Alarm des Essener Babyfensters an der Beethovenstraße in den vergangenen zwölf Jahren, weil ein wenige Stunden oder Tage alter Säugling dort auf der Decke lag. So lange gab es das Fenster im Haus Nazareth im Südviertel. Jetzt hat es einen neuen Standort am Elisabeth-Krankenhaus in Huttrop.

„Der Standortwechsel war notwendig, weil der Einsatz der Ordensschwestern und Ehrenamtlichen im Haus Nazareth personell auf Dauer nicht mehr leistbar war“, sagt Björn Enno Hermans, Sprecher des Vereins Babyfenster und Geschäftsführer des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF), der das Babyfenster vor zwölf Jahren mit den Frauenorden im Bistum eingerichtet hat

Nachtdienst schlief im Apartment

Tagsüber übernahmen die Mitarbeiter des SkF die Verantwortung. Jede Nacht zog dann ein Ehrenamtlicher ins Apartment, übernahm den Bereitschaftsdienst mit einer Ordensschwester. „Es wurde immer schwieriger, Freiwillige zu finden, die sich langfristig binden wollten“, sagt Hermans. Genau darauf kam es aber an, damit die Helfer im Alarmfall jederzeit zum Babyfenster eilen und den Rettungswagen rufen konnten. Der brachte das Kind dann auf die Neugeborenen-Station ins Elisabeth-Krankenhaus. So wird es bleiben, denn dort ertönt nun das Signal, wenn ein Baby abgelegt wird.

Politische Debatte

„Wir gehen davon aus, dass die politische Debatte inklusive des neuen Gesetzes zur vertraulichen Geburt auch mittelfristig nicht dazu führen wird, dass Babyfenster überflüssig werden“, so Hermans (SkF) mit Blick auf den Bund, der die Zukunft von Babyfenstern wohl 2017 wieder prüfen wolle.

Ein Verbot sehe aber auch das neue Gesetz nicht vor, obwohl sie sich rechtlich weiter in einer Grauzone bewegen.

Der ehemalige Standort im Haus Nazareth hatte durchaus Vorteile, zu denen seine Bekanntheit, die eher ruhige Umgebung sowie die geschützte Lage zählen, die für eine anonyme Abgabe eines Säuglings nicht unerheblich sein können. Zudem gibt es unter dem Dach des Hauses Nazareth Einrichtungen der Jugendhilfe wie den Kindergarten, die den Müttern in Not signalisieren, ihr Kind in gute Hände zu geben, sagt Hermans. Nun hofft er mit allen Beteiligten, dass ein solches Signal auch von dem Krankenhaus ausgeht.

Babyfenster ist abseits des Geschehens

Dort führen jetzt mehrere Wege von der Ruhrallee oder über den Klara-Kopp-Weg durch eine kleine Grünanlage zum neuen Babyfenster, das Abseits von Patienten- und Besucherströmen liegt. Es ist zwischen Ärztehaus und Kapelle gelegen und dadurch von der Straße nicht einsehbar. Wenige Stufen führen hinab zum Babyfenster, das mit blauem Himmel, Wolken und einem Baum bebildert ist. Vier Etagen höher liegt die zuständige Station für Neugeborene. Und auch wenn alle der abgegebenen Babys zunächst dort etwa eine Woche bleiben: „Bislang war keines der 16 Kinder ein medizinischer Notfall“, sagt der zuständige Kinderarzt Dr. Dariusz Michna.

Das älteste der Kinder ist heute zwölf Jahre alt. 15 der Mädchen und Jungen leben in Adoptivfamilien. In einem Fall kehrte ein Säugling zur leiblichen Mutter zurück.