Essen. . Im Sozialprojekt „Joblinge“ werden junge Hartz-IV-Empfänger bei ihrer Suche nach einem Ausbildungsplatz begleitet. Angelique (22) aus Essen hatte die Hoffnung längst aufgegeben – doch mit viel Biss und guter Beratung hat sie es nun doch geschafft. Ein Porträt.
Es gibt nicht nur Jugendliche ohne Schulabschluss, die ziemlich sicher auf eine Hartz-IV-Karriere zusteuern. Es gibt auch Abiturienten. „Studienabbrecher, die nicht wissen, wohin – das geht ganz schnell, wir hatten auch schon solche Fälle“, sagt Raphael Karrasch. Er sitzt in einem Büro an der Huyssenallee und ist Chef von „Joblinge“, einem Projekt des Initiativkreises Ruhrgebiet und der Agentur für Arbeit.
Wer ins Job Center muss, weil er auf Hartz IV angewiesen ist und noch jünger ist als 25 Jahre, landet mit etwas Glück bei Karrasch. Mit seinem Team und seinen vielen Kontakten hat er seit Beginn des Jahres rund 60 jungen Arbeitslosen geholfen, eine Lehrstelle zu finden. „Motivationsfördernde Maßnahme“ heißt das in Arbeitsamt-Deutsch. „Gerade mal vier“, sagt Karrasch, „haben aus Motivationsgründen abgebrochen.“
Neue Beete im Grugapark
Wer bei „Joblinge“ wirklich mitmachen will, muss sich am Anfang beweisen bei einer gemeinnützigen Arbeit: Wenn es darum geht, ein Haus zu entrümpeln oder im Grugapark neue Beete anzulegen. „Wir beobachten die Kandidaten. Wer sich bei der Arbeit nicht hängen lässt, darf mitmachen“, sagt Karrasch. „Wer mitmachen darf, hat oft erstmals überhaupt ein Erfolgserlebnis gehabt. Das motiviert.“ „Joblinge“ ist ein Vollzeitprogramm und dauert sechs Monate.
Zum Beispiel Angelique (22): Seit Anfang August hat sie eine Lehrstelle als Medizinisch-Technische Assistentin in einer orthopädischen Praxis. „Die Arbeit mit Menschen“, sagt Angelique, „hat mich immer fasziniert, ich wollte das immer werden.“
Nur Absagen
Dabei hatte sie ihre Pläne schon aufgegeben – nach 200 erfolglosen Bewerbungen. „Gerade mal fünf Praxen schrieben zurück. Das waren natürlich alles Absagen.“
Erst war sie in Steele auf der Realschule, wechselte dann zur Hauptschule, machte dort die Mittlere Reife. Es folgten Jahre auf dem Berufskolleg, Ausbildungsziel: Kinderpflegerin. „Doch die Prüfung hab’ ich nicht geschafft.“ Eine Lehre als Bäckereifachverkäuferin musste sie abbrechen – der Rücken meldete sich, langes Stehen wurde unmöglich. Es folgten Ein-Euro-Jobs in Großküchen und Altenheimen. Und dann sagte ihre Betreuerin im Job Center: „Gehen Sie mal zu ,Joblinge’“. Angelique erzählt: „Hier hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, jemand hilft mir wirklich.“ Sie arbeitete mit Job-Profis an ihren Bewerbungen, machte Trainings für Vorstellungsgespräche und vieles mehr. „Erst dann sah ich, was ich vorher für Fehler gemacht hatte.“ Und dann: Klappte es – zunächst mit einem Praktikum, jetzt mit einer richtigen Ausbildung. „Und das“, sagt Angelique, „obwohl ich schon aufgeben wollte.“