Essen. . Stadtkämmerer Lars Martin Klieve zum Haushalt und zum Vorzeige-Projekt „Neue Wege zum Wasser“
Die Gewerbesteuereinnahmen liegen nach dem ersten Halbjahr 2013 mit rund 34 Millionen Euro unter dem Plan, gleichzeitig verweigerte Stadtkämmerer Lars Martin Klieve gestern die Unterschrift unter die Vorlage für das Grün-Programm „Neue Wege zum Wasser“, das auch in den folgenden beiden Jahren fortgesetzt werden soll. Im Gespräch mit der NRZ erklärte Lars Martin Klieve die Hintergründe.
34 Millionen fehlen in der Kasse, müssen wir uns Sorgen machen?
Lars Martin Klieve: Zunächst einmal sind es sogar 40 Millionen und im nächsten Jahr wahrscheinlich 50 Millionen, die uns fehlen. Aber ein Haushalt ist ein atmendes Gebilde, es kommt darauf an, die laufenden Verbesserungen zu nutzen, um eintretende Verschlechterungen zu verkraften. Also: Wir werden das kompensieren, da bin ich mir sehr sicher.
Als da wäre...
Lars Martin Klieve: ...zum Beispiel bekommen wir vom Land rund sieben Millionen Euro für Wohngeldkosten erstattet. Und dann werden wir gemäß Einheitslastenausgleichsgesetz nach einem Urteil des NRW-Verfassungsgerichtshofs in Münster um 16 Millionen Euro entlastet. Da haben wir in früheren Jahren zur Finanzierung der deutschen Einheit über die Gewerbesteuerumlage im Vergleich zu vielen anderen Kommunen höhere Summen eingezahlt. Entsprechend profitieren wir von der Rückzahlung auch in einem stärkeren Maße.
Das ist natürlich erfreulich, aber dann fehlen immer noch 17 Millionen
Lars Martin Klieve: Ja, aber da haben sich an mehreren Stellen auch Verbesserungen ergeben, zum Beispiel fallen die Zinskosten niedriger aus, oder wir verbuchen leicht höhere Einkommenssteuern und Schlüsselzuweisungen. Vielleicht liegt die tatsächliche Lücke noch bei rund zehn Millionen, aber das traue ich uns zu, dies in den letzten sechs Monaten des Jahres aufzufangen.
Das hört sich ja sehr optimistisch an.
Lars Martin Klieve: Das ist auch so. Wie gesagt, ein Haushalt ist ein atmendes Gebilde, viele Positionen entwickeln sich erst im Laufe eines Jahres. Manche Ausgaben fallen höher aus, manche entwickeln sich deutlich positiver – und diese Verbesserungen müssen wir als Verwaltung festhalten. Und schauen Sie bitte mal auf die Haushalte der vergangenen Jahre, in denen das Defizit am Ende jeweils um ein Drittel niedriger ausgefallen ist, als ursprünglich erwartet. 2010 und 2011 beispielsweise lagen wir bei 200 statt bei 300 Millionen Euro Defizit, im vergangenen Jahr bei 137 statt bei 210 Millionen. Unser Haushalt hat ein Volumen von 2,2 Milliarden Euro, da ist immer Bewegung drin und deshalb bin ich auch zuversichtlich, dass wir diese Lücke bis zum Jahresende wieder schließen werden. Andererseits werden wir die erheblichen Verbesserungen wie in den Vorjahren in Anbetracht der Gewerbesteuerentwicklung nicht erwarten können.
Also müssen wir uns jetzt über die 50 Millionen in 2014 auch keine Sorgen machen?
Lars Martin Klieve: Sagen wir mal so, es wird etwas schwieriger, weil sich einige Positionen anders entwickeln werden. Bleiben wir bei der Gewerbesteuer, da trifft unsere Stadt seit 2011 das Thema „Energiewende“. Wir haben von den hier ansässigen großen Energieunternehmen in früheren Jahren sehr stark profitiert, doch jetzt spielen wir eine Liga tiefer, das muss man schon so sehen. Ebenfalls werden die Kosten im Asylbereich deutlich höher ausfallen. Hier etwas anderes zu erwarten, wäre fahrlässig. Aber letzten Endes werden wir das auch bewältigen. Ich bin jetzt seit zwölf Jahren Kämmerer und ich habe noch nie einen Haushaltsplan verfehlt. Aber irgendwann kann es natürlich mal der Fall sein.
Aber Sie arbeiten ja daran, dass es auch dieses Jahr nicht passiert. Kommen wir also zum Projekt „Neue Wege zum Wasser“...
Lars Martin Klieve: Moment bitte. Wir müssen uns jetzt nicht über die Sinnhaftigkeit dieses Vorzeige-Programms unterhalten, das ist auch nicht meine Aufgabe als Kämmerer. Ich weiß von meinen Dezernatskollegen Peter Renzel und Simone Raskob, dass wir hier ganz hervorragende Arbeit leisten. Das gilt doch für viele, viele Dinge, die wir als Stadt machen, sei es für Kinder, für Kultur, für Bildung, für Umwelt. Aber es ist nun auch so, dass die Kosten von einer Million Euro im Haushaltsplan nicht abgebildet sind. Und jetzt sage ich als Kämmerer, fast schon reflexartig: Wo ist bitte die Deckung für diese Ausgabe?
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Na ja, die wurde Ihnen doch präsentiert. 300.000 Euro tragen Grün & Gruga, eine Million die Sozialverwaltung.
Lars Martin Klieve: Eine Million aus dem Haushaltsansatz Kosten für Unterkunft. Aber weiß ich denn heute, wie sich das im nächsten Jahr entwickelt? Was ist, wenn die Ausgaben steigen? Wo nehme ich dann meine eine Million Euro her. Nein, das ist mir zu unsicher. Da muss schon ein belastbarer Vorschlag her. Es kann mir auch keiner erzählen, dass eine Million im Haushalt nicht disponibel ist. Das ist dann eine Frage der Prioritäten, aber diese Einschätzung müssen dann die Fachdezernenten vornehmen. Ich bin Kämmerer, ich muss darauf achten, dass der Haushalt eingehalten wird.
Damit sind Sie natürlich der böse Bube.
Lars Martin Klieve: Das ist mein Berufsrisiko. Spaß beiseite, ich helfe den Kollegen natürlich gerne, eine Deckung in ihrem Haushalt zu finden. Aber ich maße mir nicht an, die fachliche Beurteilung vorzunehmen. Das ist Aufgabe der Fachdezernenten, ich habe schon genug mit den Zahlen und dem Haushaltsrecht zu tun.
Und wie wird die Lösung für „Neue Wege zum Wasser“ aussehen?
Lars Martin Klieve: Das kann ich momentan noch nicht sagen, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass wir hierfür eine Deckung im Haushalt finden werden – und wir den Etat einhalten.