Essen. . Der Teilneubau der Messe Essen beginnt frühestens 2015. Das Bürgerbegehren und die Forderungen der „Equitana“-Veranstalter gaben den Ausschlag. „Reed Exhibitions“ wollte von der Messe einklagbare Garantien haben, dass trotz Baustelle alles ablaufen kann wie vorgesehen.
Beim Treffen der Messe-Unterstützer am 20. August deutete es sich bereits an, jetzt ist es offiziell: Der Beginn der Arbeiten für den Teilneubau der Messe ist um ein Jahr verschoben und soll nun nun erst im Frühjahr 2015 starten. Grund sind nach Angaben der Messe die Unwägbarkeiten durch den aller Voraussicht nach am 19. Januar 2014 abzuhaltenden Bürgerentscheid.
Selbst wenn dieser Bürgerentscheid zugunsten des Messe-Teilneubaus ausginge, könne nicht mehr pünktlich im Frühjahr 2014 mit dem zunächst vorgesehenen Abriss der alten Hallen begonnen werden. Das hängt mit einer gesetzlichen Regelung zusammen, auf die Oberbürgermeister Reinhard Paß an jenem 20. August hingewiesen hatte. Demnach dürfen Messe und Stadt vom Ende der Unterschriftensammlungen im Rahmen des Bürgerbegehrens Ende Oktober 2013 bis zum Entscheid Ende Januar keine Aufträge mehr erteilen und kein Geld mehr ausgeben, das einem möglichen negativen Ergebnis des Bürgerentscheids zuwiderlaufen könnte. „Das bedeutet eine Unterbrechung aller Rechtsgeschäfte, es blieb uns nichts anderes übrig als zu verschieben“, sagt Messe-Sprecherin Gabriele von Graes.
Nach WAZ-Informationen hat auch der Druck des Messe-Großveranstalters „Reed Exhibitions“ eine große Rolle gespielt. Reed veranstaltet unter anderem die Pferdesportmesse Equitana, eine der größten und wichtigsten Messen überhaupt in Essen. Turnusmäßig findet sie im März 2015 statt, und Reed wollte von der Messe einklagbare Garantien haben, dass trotz Messe-Baustelle alles ablaufen kann wie vorgesehen. Eine Garantie, die Messe-Geschäftsführer Egon Galinnis wegen der rechtlichen Einschränkungen durch die Bürgerbeteiligung als zu riskant ablehnte. Mögliche Schadensersatzforderungen von Reed befürchtend, soll er in Absprache mit Reinhard Paß, dem Vorsitzenden des Messe-Aufsichtsrats, die Notbremse gezogen haben.
Verdi und NGG: Bürgerbegehren nicht unterstützen!
Die Gewerkschaften Verdi und Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) lehnen das von Grünen und Linken initiierte Bürgerbegehren ab. „Die Messe Essen benötigt zur Erhaltung ihrer Zukunftsfähigkeit dringend eine technische Erneuerung“, hieß es gestern in einer Mitteilung.
Beide Verbände sehen große Risiken für Arbeitsplätze, sollte der Teil-Neubau ausbleiben. Als „Bauruine mit ein paar kleineren Aufträgen“ sei die Messe in ihrer Existenz bedroht.
Die Equitana kann nun 2015 zwar problemlos stattfinden, da die Großbaustelle frühestens danach startet. Dafür kriegt jetzt aber die „Schweißen und Schneiden“ 2017 den ganzen Ärger ab. Gerade auf die Bedürfnisse dieser Großmesse, die alle vier Jahre das gesamte Gelände braucht, ist der Bau-Zeitraum ursprünglich zugeschnitten worden. Die Idee war, pünktlich im Herbst 2017 die neue Messe mit der Schweißen und Schneiden zu eröffnen. Durch die einjährige Verschiebung ist das hinfällig. Und nun? „Wir prüfen, ob es auch anders geht“, sagt von Graes. „Wir müssen schauen, ob wir bei der Schweißen und Schneiden improvisieren können“, sagt es ein Messe-Insider, der nicht genannt werden will.
Die Weltmesse, auf der schweres Gerät aufgefahren und gezeigt wird, soll also auf einer Baustelle stattfinden? Genau das galt bislang als vollkommen ausgeschlossen, und die betroffenen ausstellenden Unternehmen der Branche dürften diese Aussicht wenig reizvoll finden. Gespräche laufen, sagt von Graes.
Die Grünen, neben den Linken Initiatoren des Bürgerbegehrens, sind laut Fraktionschefin Hiltrud Schmutzler-Jäger selbst „irritiert“ über die Verschiebung des Baustarts. Die Schuld dafür zuschieben lassen wollen sie sich nicht. „Das Bürgerbegehren ist nicht der einzige und wohl nicht mal der wichtigste Grund dafür, dass das Zeit-Konstrukt ins Rutschen gerät“, vermutet Schmutzler-Jäger. Schon das neuerliche Für und Wider um den Abriss der Galeria zeige: „Das Chaos ist insgesamt recht groß, und es fehlt ein Plan B.“