Essen. 150 Tonnen alter Asphalt pro Stunde werden auf- und weggerissen: Der „Red Road Devil“ hat 900 PS und braucht 500 Liter Diesel am Tag. Der alte Asphalt wird nicht weggeschmissen, sondern wiederverwertet. Am 9. September soll die Alfredstraße wieder ganz fertig sein.

Es gibt derzeit erstaunlich viele Zuschauer an der Alfredstraße. Wir stehen an der Kreuzung Messeallee, hier sind gläserne Bürotürme mit Agenturen und Anwaltskanzleien. Die Herren mit den feinen Hemden und den dezenten Krawatten verbringen ihre Mittagspause staunend auf dem Bürgersteig und sind vermutlich total neidisch.

Denn auf der Alfredstraße, vierter Bauabschnitt, gesperrt noch bis Montag früh, ist echte Männer-Arbeit zu besichtigen, die Lärm macht und nach Diesel riecht, der Boden vibriert dezent. Die Arbeiter tragen gelbe Ohrenstöpsel und Warnwesten in Orange, doch wenn alles mal fertig sein wird, dann können die Männer ihren Kindern sagen: „Guck, die Straße hier, die Alfredstraße, die hab’ ich gebaut.“ Und sie werden Blicke ernten voller Stolz und Bewunderung. Was können da schon jene Väter ihren Kindern mitteilen, die in Anwaltskanzleien arbeiten.

„The Red Road Devil“

Wir sehen, mitten auf der Alfredstraße, eine blutrote Asphalt-Fräsmaschine, so groß wie eine Lokomotive, die Arbeiter haben ihr den Namen „The Red Road Devil“ gegeben, so ist es auf der Heckscheibe zu lesen in weißen Klebebuchstaben. „Die Kollegen haben die Maschine nur einfach so genannt“, sagt Oliver Burgmann von der Straßenbaufirma Gehrken. „Irgendeinen Namen muss sie ja haben.“ Stimmt. „Kaltfräse GMS W2200“, so heißt das Monster offiziell, ist ein bisschen nüchtern.

Für den „Road Devil“, den Straßenteufel, ist die Alfredstraße jedenfalls ein Häppchen. Walzen mit Meißeln am Maschinenboden fräsen 30 Zentimeter Asphalt im Nu weg, und zwar in zwei Metern Breite. Stündlich 150 bis 200 Tonnen alter Belag werden unter lautem Getöse auf- und fortgerissen, die schwarzen Brocken kommen gleich auf ein Förderband und befüllen einen Lkw, der vor der Fräse steht, und alle zehn Minuten muss ein neuer Laster her, so schnell frisst sich der Teufel in Richtung Bredeney. „500 Liter Diesel am Tag braucht die Maschine“, sagt Gerd Kammann von „Gehrken“. Kein Wunder, bei mehr als 900 PS. Wir lesen in der Herstellerbeschreibung der „GMS W2200“: „Realisiert wird ein größtmöglicher Vortrieb.“ So kann man es natürlich auch sagen.

Recyelter Straßenschutt

Was bleibt übrig, wenn der Teufel die Alfredstraße um 30 Zentimeter tiefergelegt hat? Eine dicke Lage Schotter, darunter Frostschutz aus Kalkstein, dann Erdreich. „Das alles bleibt liegen, das ist noch in Ordnung“, erklärt Mesut Bayezit vom Amt für Straßen und Verkehr. „Auch wenn bei einer historisch gewachsenen Straße wie der Alfredstraße durchaus noch der eine oder andere Ziegel unterm Schotter zu finden ist.“ Neu aufgetragen werden anschließend drei Schichten: eine Trageschicht, die durchaus aus wiederverwertetem Asphalt bestehen kann. Das heißt: Auch das, was der Teufel hier wegfräst, kommt irgendwo in Essen womöglich wieder auf die Straße. Dann eine sogenannte Bindeschicht, und schließlich zweieinhalb Zentimeter Flüster-Asphalt, der „LOA“ heißt: „Lärmoptimierter Asphalt“. Seit zwei Jahren wird er im Stadtgebiet verbaut, „bislang haben wir gute Erfahrungen gemacht“, sagt Bauleiter Christian Schulte vom Amt für Straßen und Verkehr.

Am 9. September soll die Alfredstraße ganz fertig sein. Der Teufel wird dann noch Hunger haben.