Essen. . Der Sozialverband feiert 150 Jahre Hilfe für Menschen in Not. In Essen zählt er fast 15.000 Fürsprecher.

Als am 24. Juni 1859 in Solferino die Schlacht zwischen Österreich und Sardinien im Sardinischen Krieg im vollen Gange war, wurde eine Idee geboren, die heute noch auf der ganzen Welt lebt: Die Idee der uneingeschränkten Hilfe für Menschen in Not, die Henry Dunant (1828-1910) und eine Schar Mitwohltäter an diesem Tag dazu bewog, Verwundeten und Sterbenden beizustehen. Und das egal auf welcher Seite sie kämpften oder wer sie waren.

Dieser Tag gilt als heimliche Geburtsstunde des heutigen „Roten Kreuzes“, das erst 1863 als „Internationales Komitee der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege“ gegründet wurde – vor 150 Jahren. In aller Welt wird dieses Jubiläum gefeiert, in un­serer Stadt vor allem vom lokalen Ableger des Deutschen Roten Kreuzes und der DRK-Schwesternschaft, die am Universitätsklinikum wirkt.

Größte Pflegeorgani­sati­on in Essen und im Ruhrgebiet

Die ersten Rot-Kreuz-Spuren an der Ruhr führen in das Jahr 1889 zurück, als der „Zweigverein des Preußischen Vereins zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger“ auf Aufruf des früheren Bürgermeisters Erich Zweigert gegründet wurde. Dieser freiwillige Bund engagierter und hilfsbreiter Menschen unserer Stadt gilt als Vorläufer für den heutige „DRK Kreisverband Essen“, der diesen Namen seit 1948 trägt.

Die Historie der eigenständigen Schwesternschaft geht zurück aufs Jahr 1913. Damals wurde ihr Vorläufer, die Stiftung „Rheinisches Mutterhaus vom Roten Kreuz“, ins Leben gerufen wurde. Ein Jahrhundert später ist die Schwesternschaft mit ihren 2000 Mitgliedern aus 40 Nationen die größte Pflegeorgani­sati­on in Essen und im Ruhrgebiet.

Vor der Haustür helfen

Und so leisten DRK-Mitarbeiter seit gut 120 Jahren überwiegend ehrenamtlich Erste Hilfe für Essener in Not – sei es bei Unfällen und Katastrophen, bei akuten Problemen und Schwierigkeiten beim Bewältigen ihres Alltags. Was genau tun und wie jeder Essener mitmachen kann, verraten Mitarbeiter und Helfer am Donnerstag, wenn der DRK-Truck in Essen Station macht (siehe Infobox).

Rot-Kreuz-Truck auf dem Willy-Brandt-Platz

Am Donnerstag, 29. August, macht der DRK-Truck von 10 bis 17 Uhr am Willy-Brandt-Platz Station. Dort stellen der Rot-Kreuz-Kreisverband Essen und die DRK-Schwesternschaft sich und ihre Arbeit in der Stadt vor. Am „Helfertest“ an iPad-Stationen lässt sich herausfinden, wer als Anpacker, Begleiter, Betreuer oder Förderer zum DRK passen würde. Eine passende Empfehlung für ein Engagement im Roten Kreuz, etwa als Blutspender, Rettungshelfer, Entwicklungshelfer im Ausland oder mit einer Spende für Opfer in Katastrophengebieten wird gleich mitgeliefert. Kinder können einen Rettungswagen und ein Boot der Wasserwacht besichtigen, sich als Montagsmaler beweisen oder ferngesteuerte Rettungswagen durch einen Parcours flitzen lassen.

Ihr hehres Ziel: Noch mehr Menschen für ein soziales Engagement zu begeistern. „Wir möchten den Bürgern zeigen, dass es gerade vor ihrer Haustür viele Möglichkeiten gibt, Menschen zu helfen“, sagt Silke Schmalz, Oberin der Schwesternschaft. Es bereite Spaß, sich in einer Gemeinschaft zu engagieren. Schmalz: „Ein Ehrenamt erfordert Einsatz, aber es ist ei­ne sehr dankbare Aufgabe.“

Auf Spurensuche im Stadtgebiet

Doch wo ist das Rote Kreuz in Essen überhaupt präsent? Zusammen mit DRK-Chef Alfred Scherer geht die NRZ auf Spurensuche im Stadtgebiet: Rund 11.600 Fördermitglieder tummeln sich in der Stadt, dazu kommen noch einmal über 500 ehrenamtliche und gut 500 hauptamtliche Mitar­beiter. „Sie alle sind das Gesicht des Roten Kreuzes in Essen“, so Scherer.

Wer über die Kettwiger Straße streift, kennt wohl vor allem den Blutspendedienst in Höhe der Kapuzinergasse. „Wollen sie Gutes tun?“, heißt es dort häufig. Wer einwilligt, findet sich Minuten später zum Vorgespräch bei einem Arzt wieder, ehe er kurz darauf an der Nadel hängt, um sein Blut zu spenden. „Als kleines Dankeschön können sich die Spender danach am Buffet bedienen, denn ei­ne Stärkung tut ihnen gut“, weiß Scherer. Doch auch mit seinem Blutspendemobil schaut das DRK bei Unternehmen und und Vereinen vorbei.

Mitarbeiter des DRK als Retter in der Not 

Norbert Drüke, seit Mai in der neu geschaffenen Funktion des Ehrenamtsbeauftragten, kümmert sich um die Belange der vielen freiwilligen Helfer in den acht Bereitschaften – etwa in Borbeck, Bochold, der Stadtmitte, in Essen-Nord, Rüttenscheid und Werden. Dort sei man jederzeit „bereit für den Ernstfall“, so Scherer. Fahrzeuge und modernstes technisches Gerät stünden für den Katastrophenschutz zur Verfügung.

Selbstständig arbeitet das Jugendrotkreuz im DRK, etwa beim Schulsanitätsdienst. Gleiches gilt für die Wasserwacht, die von Mai bis September Station am Campingplatz Cammerzell in Kettwig bezieht und immer dann hilft, wenn jemand unfreiwillig baden geht. Damit es gar nicht erst so weit kommt, bietet sie Schwimmtraining im Hauptbad an.

Die grauen Zellen trainieren

Speziell an ältere Menschen richtet sich der ambulante Pflegedienst der im April diesen Jahres gegründeten Rot-Kreuz-Tochter „Pflege Daheim GmbH“ an der Minnesängerstraße, direkt neben dem Seniorenzentrum Freisenbruch. Dort hält der Verein 245 Betten für Senioren parat, in Rüttenscheid sind es 185 Betten.

Der Hausnotrufdienst, Pflegeberatung und verschiedene Freizeitangebote für Senioren, vom Gedächtnistraining bis Kaffeeklatsch, gehören ebenso dazu. „Und unsere Seniorenreisen mit freiwilligen Reisebegleitern, die zusammen mit den Damen und Herren viele schöne Ziele in ganz Deutschland entdecken“, betont Alfred Scherer.

Ausbildung in Erster Hilfe

Neben Krankentransporten, dem Behinderten-Fahrdienst sowie Sanitätsdiensten bei großen und kleinen Veranstaltungen sind die Helfer des DRK im Rettungsdienst der Feuerwehr im Einsatz. Scherer: „Als besonders wichtig erachte ich unsere Ausbildung in Erster Hilfe, denn hierüber finden immer wieder Essener den Weg zu uns: als Ehrenamtliche.“ Von der „Ersten Hilfe am Kind“, die bei werdenden Eltern besonders beliebt sei, bis hin zur Kursen für Senioren sei alles dabei.

Nicht zu vergessen ist die Kleiderkammer an der Hachestraße 72, die seit 2004 in Kooperation mit dem Diakoniewerk und dem Caritasverband betrieben wird. Scherer: „Von hier aus versorgen wir jährlich 5000 Notleidende und Bedürftige mit gut erhaltener Kleidung und Schuhen .“ Asylbewerber und Obdachlose werden dort neu eingekleidet. Und diejenigen, die etwa durch einen Wohnungsbrand alles verloren haben. Auch ihnen steht das Rote Kreuz als Retter in größter Not zur Seite. Und das seit nunmehr 150 Jahren.