Essen. . Der Vorstand des Kulturbeirates fordert die Stadt auf, die Strafanträge gegen die Hausbesetzer der Hauptschule Bärendelle zurückzunehmen und einen ernsthaften Dialog aufzunehmen.

Der Kulturbeirat der Stadt Essen hat sich kritisch zu den Vorgängen rund um die Besetzung der ehemaligen Hauptschule Bärendelle und den Polizeieinsatz geäußert. „Müssen Künstler zu Hausbesetzern werden, damit Politik und Verwaltung endlich berechtigte Anliegen zur Kenntnis nehmen?“, fragt der Beiratsvorstand.

In der Stellungnahme heißt es weiter: „Die Kreativen fordern bezahlbare Räume und weisen in diesem Zusammenhang auf die enormen Leerstände im Ruhrgebiet hin. Viele dieser ungenutzten Gebäude gehören den Kommunen und werden – wie auch die ehemalige Hauptschule Bärendelle – dem Verfall, Vandalismus und der Verwahrlosung preisgegeben.“

Anliegen müssten ernst genommen werden

Diese Strategie führe zu einem Stillstand in der Entwicklung der Stadtgesellschaft. „So ist es nicht verwunderlich, dass die Debatte um aktuelle Kunstbegriffe und deren Verhältnis zum öffentlichen Raum in den letzten drei Jahren zu einem Kampf um Atelierräume und bezahlbare Mieten geworden ist“, schreibt der Vorsitzende des Kulturbeirats, Marcus Kalbitzer.

Vielmehr müssten Gespräche geführt und Anliegen ernst genommen werden. „Eine inhaltliche Auseinandersetzung, anstelle von martialischem Handeln mit Panzer und Polizeihundertschaft wäre auch im Fall Bärendelle angebracht gewesen. Das Problem wird nicht gelöst, indem man der professionellen Polizeiarbeit Beifall klatscht, sondern nur über den diskursiven Austausch von Argumenten.“

Kulturbeirat fordert Rücknahme der Strafanträge

Der Kulturbeirat fordern deshalb die Stadt Essen auf, die Strafanträge gegen die Besetzer wegen Hausfriedensbruch zurückzunehmen.

„Aktuell hat die Stadt eine Chance vertan, mit Beteiligung von engagierter Politik, Verwaltung oder Bürgerschaft in einen Dialog über eine sinnvolle Nutzung des unter Denkmalschutz stehenden Schulgebäudes an der Bärendelle einzutreten und Perspektiven zu entwickeln“, so Kalbitzer. Wer das Motto der Kulturhauptstadt, „Wandel durch Kultur, Kultur durch Wandel“, nachhaltig im politischen und gesellschaftlichen Handeln verankern will, der müsse auch bereit sein, sich mit kultureller Vielfalt und den sozialen sowie ökonomischen Bedingungen auseinanderzusetzen, unter denen sie entsteht und wachsen kann.

Investitionen in die Jugend seien unabdingbar

Deshalb seien Investitionen in die Jugend sowie in junge Kunst und Kultur „Investitionen in die Zukunft der Stadtgesellschaft und für ihre Fortentwicklung unabdingbar“. Nur durch eine entsprechende Infrastruktur, geeignete Rahmenbedingungen und mit Unterstützung von Politik, Verwaltung und der Privatwirtschaft könne die Abwanderung künstlerisch und kreativ arbeitender Menschen gestoppt und mittelfristig ein Umschwung im Schrumpfungsprozess der Stadt herbeigeführt werden: „Essen benötigt dringend kulturell aktive, junge Menschen, um den Strukturwandel erfolgreich zu bewältigen und als Wohn-, Studien- oder Arbeitsort attraktiv zu bleiben.“ (...)

Leerstehende städtische Gebäude müssten kurzfristig zur Nutzung oder zumindest zur temporären Zwischennutzung für Künstler und Kreative freigegeben werden, „denn die nachwachsende Generation benötigt günstige und geeignete Räumlichkeiten, um darin arbeiten und sich kreativ entfalten zu können“.

Kulturbeirtat appelliert an die Mandatsträger der Stadt

Der Kulturbeirat hat bereits in früheren Erklärungen die kreative Umnutzung von Gebäuden, die Bereitstellung von Räumen für bildende und darstellende Künstler, Musiker sowie die Entwicklung von sogenannten Kreativquartieren gefordert, da sich Kunst und Kultur in den letzten Jahren „zunehmend zur Standortentwicklung, Imagepolitik und zum Marketing der Städte entwickelt haben“.

Der Kulturbeirat appelliert deshalb an die Mandatsträger der Stadt, die künstlerisch-kulturellen Potenziale nicht weiter abzuweisen: „Durch den gelungenen Diskurs mit den jungen Fordernden und Kreativen der früheren Generationen sind Projekte in Essen entstanden, die wegweisend für die gesamte Region waren. Dieser Weg ist fortzusetzen.“

Der Kulturbeirat stellt hierbei seine Erfahrungen, Ideen und Kontakte in die Szene gerne zur Verfügung.