Essen. . Die Ära um ihren früheren großen Zampano Willi Nowack wirft auf Essens Sozialdemokraten immer noch Schatten: Die hiesige SPD muss mehr als 30.000 Euro für verschleierte Wahlkampf-Spenden zahlen. Nowack und der damalige OB-Kandidat Detlev Samland hatten Gelder über einen Strohmann angenommen.
Sie dachten, es wäre vorbei. Denn für die Ära Nowack und ihr langjähriges Kuschen vor dem großen SPD-Zampano haben Essens Sozialdemokraten ja teuer bezahlt: mit dem Verlust von Macht und Mitgliedern, Ansehen und Vertrauen. Und als wäre das nicht Quittung genug, kommt jetzt noch – reichlich verspätet – eine satte Rechnung dazu, eine über 30.677 Euro und 52 Cent.
Die fordert das für die Parteienfinanzierung zuständige Referat PM 3 des Deutschen Bundestages von der Bundes-SPD zurück, weil die hiesigen Genossen vor mittlerweile 14 Jahren gegen das Verbot verstoßen haben, Spenden anzunehmen, „bei denen es sich erkennbar um die Weiterleitung einer Spende eines nicht genannten Dritten handelt“, so heißt der Passus im Parteiengesetz.
1999 also. Selbst mancher altgediente Sozialdemokrat, muss da erst mal im Gedächtnis kramen, um sich zu erinnern: Ja, da war was. Zwei Wahlkampf-Spenden à 10.000 D-Mark, umgerechnet rund 5.000 Euro, eine an den damaligen OB-Kandidaten Detlev Samland, die andere an Fraktionschef Willi Nowack, überwiesen von einem Wuppertaler Architekturbüro.
Erst 2005 aufgeflogen
Doch der Baumeister diente nur als Strohmann für den eigentlichen Spender, dem er die Summe später auch in Rechnung stellte: Johannes-Peter Schnitger, damals Chef der „Hellweg“-Baumärkte. Den Vorwurf, bei den Spenden und anderen Zahlungen Schnitgers an Nowack habe es sich um Schmiergeld gehandelt, um den (Aus-)Bau dreier „Hellweg“-Baumärkte zu beschleunigen, wiesen beide damals brüsk zurück. Illegal war die Spenden-Verschleierung dennoch.
Ans Tageslicht kam sie erst 2005 im Zuge des Strafprozesses gegen Nowack. Dass es dennoch weitere acht Jahre dauerte, bis Essens Parteichef Dieter Hilser in dieser Woche plötzlich die Hiobsbotschaft einer drohenden Rückzahlung in der Post fand, liegt daran, dass erst im April 2013 das Bundesverwaltungsgericht im Fall der Möllemann-Spenden klarstellte: Die Vorschriften des Parteiengesetzes gelten jeweils für das Jahr des Rechtsverstoßes. Damit platzte die Hoffnung, der Spenden-Schmu könnte bereits verjährt sein, denn die zehnjährige Frist wurde erst 2002 eingeführt.
Spende an den Bundestag abführen
Und so müssen die Sozialdemokraten blechen, müssen erstens die rechtswidrig angenommene Spende an den Deutschen Bundestag abführen und das Doppelte des Betrages, den man aus der Staatskasse erhielt, zurückzahlen. Macht zusammen die erwähnten 30.677,52 Euro. Die berappt nun erst einmal die Bundespartei, aber Schatzmeisterin Barbara Hendricks hält sich selbstredend an den Missetätern in Essen schadlos: „Gern bin ich bereit, eine Zahlung in drei Raten zu akzeptieren.“
Ausflüchte, man habe ja als Partei nichts von den Vereinbarungen gewusst, perlen offenbar an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab, das zu der Erkenntnis führt: Willi Nowack als Parteivize sei der wahre Spender bekannt gewesen, und dieses Wissen muss sich die Partei zurechnen lassen.
Für Dieter Hilser ist die ganze Sache „sehr sehr sehr ärgerlich: Uns haben die Spätfolgen von 1999 erreicht“. Der SPD-Vorsitzende machte die unangenehme Rückzahlung gestern selbst öffentlich, eine verständliche Reaktion: Besser jetzt Transparenz zeigen, als wenn unkontrolliert in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs alles durchsickert.
30.000 Euro in drei Jahren
Gut 30.000 Euro in drei Jahren, das ist auch für die größte Mitgliederpartei der Stadt kein Pappenstiel, wenn auch Hilser sagt: „Das kriegen wir hin.“ Natürlich werde man die mittelfristige Finanzplanung anpassen müssen, und in den anstehenden Wahlkämpfen wird man sich eher bescheiden müssen.
Den Gedanken, vom Verursacher zumindest einen Teil des Geldes zurückzufordern, haben die Sozialdemokraten nach Hilsers Worten zwar diskutiert, aber wieder verworfen. Zum einen geht man davon aus, dass bei Nowack, der zur Zeit seine Haftstrafe im offenen Vollzug in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld absitzt, „nicht viel zu holen ist“. Zum anderen scheut die SPD einen längeren Streit, der womöglich vor Gericht ausgetragen wird.
Dass die Dinge diesen Lauf nehmen, war nicht unbedingt zu erwarten, damals, als Willi Nowack dem „Hellweg“-Chef 1999 Detlev Samland vorstellte. Mit den Worten übrigens: „Das ist unser neuer Oberbürgermeister.“