Essen. Das klassische Büdchen leidet unter der Konkurrenz von Tankstellen und Supermärkten. Eine feste Säule der Ruhrgebietskultur ist in Gefahr. An der Zweigertstraße in Essen wird in den Sommerferien ein weiterer Kiosk verschwinden. Die Stadt lässt ihn abreißen.
Brötchen, Zeitungen oder Süßigkeiten sind im Kiosk am Landgericht schon lange keine mehr verkauft worden. Das Gebäude zerfällt. Wasser und Strom sind abgestellt. Jetzt soll die Trinkhalle verschwinden. In den kommenden Sommerferien wird sie abgerissen.
Oft heißt es, der Kiosk-Kultur im Ruhrgebiet drohe der Untergang. Tankstellen öffnen inzwischen rund um die Uhr, Supermärkte haben ihre Öffnungszeiten bis in den späten Abend ausgeweitet. Die Folge: Seit der Jahrtausendwende blieben in rund 2000 Ruhrgebiets-Buden die Jalousien für immer unten. Es sind Schätzungen, genaue Zahlen gibt es nicht. Knapp 16 000 Trinkhallen dürfte es noch zwischen Duisburg und Unna geben. Vielleicht sogar noch weniger.
Auch die Stadt Essen ist Kioskbesitzerin. Neun Trinkhallen gehören zum städtischen Immobilienbestand. Der seit Oktober 2011 leer stehende Kiosk am Landgericht zählt dazu. Noch. Nach dem Abriss bleiben also nur noch acht.
Abriss wird die Stadt rund 10.000 Euro kosten
Der Abriss wird die Stadt rund 10 000 Euro kosten. „Eine Renovierung wäre nicht wirtschaftlich gewesen“, sagt Stefan Schulze vom Presseamt der Stadt. Die Stadt verfolgt seit einiger Zeit den Plan, marode Immobilien abzureißen, um die entstehenden Flächen anschließend besser vermarkten zu können. Zudem ist ein Abriss oft günstiger als eine teure Instandhaltung der Schrott-Immobilien.
Eine entsprechende Abrissliste, auf der sich auch Objekte wie die alte VHS oder das Jugendzentrum Papestraße finden, ist im März von der Stadt veröffentlicht worden. Der Kiosk auf der Mittelinsel zwischen Zweigertstraße und Straßenbahnschienen stand nicht auf dieser Liste. Der Abriss war schon länger beschlossene Sache. Pläne für die Nutzung des neuen Freiraums gebe es keine, heißt es im Presseamt. Die Fläche soll frei bleiben.
Einige hundert Euro im Jahr
Hohe Instandhaltungskosten habe der Kiosk bislang nicht verursacht. Lediglich Grundsteuerabgaben, einige hundert Euro im Jahr, habe die Stadt bezahlen müssen. Mit zunehmendem Verfall wären jedoch wohl die Kosten für Unterhalt und Sicherung des eingeschossigen Flachbaus gestiegen.
Anwohner Hans Lemmler jedenfalls ist nicht traurig, dass der Kiosk verschwindet. „So wie das Gebäude jetzt aussieht, ist es ein echter Schandfleck“, sagt er.
Das Dach bröckelt, das Unkraut sprießt
Und tatsächlich: Das Dach bröckelt, das Unkraut sprießt. Die Werbesprüche auf den Außenwänden verblassen: „Hier gibt es Brötchen, Joghurt und Säfte, jede Menge Hefte, auch der Service ist ganz fein - kommen Sie doch mal rein.“
Das ist nicht mehr möglich. Das blaue Rolltor, das den Eingang versperrt, wird sich nie mehr öffnen.