Gladbeck. .
Das gute alte Ruhrgebiet - es lebt. Daran zweifelt niemand, der auf diesen Kiosk an der Uferstraße in Brauck blickt und hier den Knopf für die „Bimmel“ (genau so steht es da) drückt.
Vor gut einem Jahr hat Myriam Jazdzewski diese Ur-Braucker Trinkhalle wiederbelebt und sich seitdem eine treue Stammkundschaft aufgebaut. Seit 140 Jahren (!) gibt es hier schon eine Trinkhalle - das weiß die lokalhistorisch interessierte Kiosk-Chefin ganz genau, und sie kann es sogar mit einem historischen Foto belegen. Wilhelm Enke war hier der erste Kiosk-Chef im 19. Jahrhundert; nach ihm folgte unter anderem für viele Jahre das Ehepaar Schäfer als Kiosk-Betreiber.
Nach einem längeren Leerstand entschied sich im Frühjahr 2012 die überzeugte Brauckerin Myriam Jazdzewski, der schmucken Trinkhalle an der Uferstraße neues Leben einzuhauchen. „Ich bin hier groß geworden, gleich nebenan sozusagen, an der Schleusenstraße“, erzählt die Brauckerin „Schon als Kind bin ich an diesem Kiosk gern einkaufen gegangen. Ich will, dass dieser Kiosk so bleibt, wie er ist. Und deshalb habe ich mich dazu entschlossen, das mal auszuprobieren.“
Eine Probe mit Erfolg:
Mittlerweile ist der Kiosk an der Uferstraße wieder ein fester Bestandteil des Stadtteillebens - Trinkhallen-Hündin Fluse hält hier oft auf dem Bürgersteig die Stellung, und Kinder aus der Nachbarschaft gehen dann gern mit Fluse ein wenig Gassi. Auch Kunden aus den Senioreneinrichtungen der Umgebung kommen auf ein Pläuschchen vorbei und kaufen sich hier gern ihre Lieblingszeitschrift.
Kaffee im Pappbecher zum Mitnehmen, Brötchen mit Bockwurst, belegte Brötschen auf Vorbestellung - zur Stärkung gibt es natürlich auch so Einiges. Bald sollen auch Frikadellen und - auf vielfachen Wunsch - Rollmöpse dazukommen.
Weingummi und Bonbons in durchnummerierten Bonbon-Boxen, Zeitungen, Zeitschriften, Comics, Bier, Sekt, Fußball-Sammelbilder, ja sogar Formel-1-Modellautos - eine Trinkhalle ist eine kleine große Warenwelt mitten im Stadtteil. Und „Myris’ Kiosk“ zeigt auf diesem Gebiet besondere Anziehungskraft und Vielfalt.
Schon bald will die Kiosk-Chefin in Absprache mit dem Grundstücksbesitzer gleich nebenan auf der Bunker-Fläche eine Sitzbank aufstellen - damit die Kunden auch mal kurz verweilen können (sie wird die Fläche selbst sauberhalten und dort regelmäßig fegen). Und sie hofft, dass das absolute Halteverbot direkt vor ihrer Trinkhalle ein wenig verlegt werden kann - damit die Kunden direkt vorfahren und kurz halten können.
Am 1. Mai 2013 ist der Tag des „Einjährigen“. Auch dann - es ist ein Mittwoch - hat Myriam Jazdzewski ihre Trinkhalle geöffnet - wer weiß, vielleicht kommt ja einer der Stammkunden zum Gratulieren vorbei. Denn sie alle freuen sich, dass es mit der Trinkhallen-Wiederbelebung geklappt hat.