Essen. Die gebürtige Holländerin Wilhelmina Pieron kam vor fast 40 Jahren der Liebe wegen nach Essen. Zur Amtseinführung König Willems schmückte tauchte sie nun Haus, Hausflur und Wohnung in „oranje“.
Mit einem wahrhaft königlich-niederländischem Tablett begrüßt uns die Herrin des Hauses: Das Küchlein mit Kerze, ein echt holländischer Tompoes aus Blätterteig mit Creme, leuchtet dank orangenem Zuckerguss. Darunter und an den Seiten drapiert sind die rot-weiß-blauen Landesfahnen, aus einer plärrt die Nationalhymne. Auf der Königs-Kaffeetasse strahlen Willem und Maxima um die Wette. „Kommen Sie herein“, lädt uns die Dame im orangenem Pulli mit passendem Halstuch ein. Bei der deutsch-niederländischen Familie Pieron an der Holsterhauser Mörikestraße wird zum Koninginnedag Thronwechsel geschaut.
1964 nach Essen gekommen
Natürlich in niederländischer Sprache. „Dafür hat meine Schwester in Holland extra einen Bezahlfernsehen-Vertrag abgeschlossen. In Deutschland gibt es so etwas nicht“, berichtet Wilhelmina-Johanna-Teresia Pieron. Eigentlich stammt die 69-Jährige gar nicht aus der Provinz Holland sondern aus Tilburg in Nordbrabant. Doch wie für viele ihrer Landsleute heißt die Heimat schlicht „Holland“. Verlassen hat sie die vor fast 50 Jahren.
„Ich bin 1964 der Liebe wegen nach Essen gekommen“, berichtet Wilhelmina Pieron und schaut auf die orangene Armbanduhr. Bis zur Einführung von Willem-Alexander ist noch ein bisschen Zeit, da kann man noch schnell ein Tässchen Kaffee dazwischen schieben. „Auch typisch holländisch“, kommentiert sie und erzählt: Wie sie ihren Klaus aus Essen in Tilburg kennengelernt hat, wie die Beiden die Fernbeziehung irgendwann leid waren, wie sie von der Schneiderei des heimischen Theaters ins Grillo gewechselt ist und welche „Bedingungen“ sie ihrem Klaus gestellt hat: „Am Anfang habe ich meine Heimat stark vermisst. Da sind wir an jedem Wochenende die 150 Kilometer nach Tilburg gefahren“, erinnert sie sich.
An die Mentalität der Deutschen musste sie sich erst gewöhnen
Auch an die damalige Mentalität der Deutschen musste sie sich erst gewöhnen. „Holländer waren lockerer, haben eher gesagt was sie denken und handelten spontaner. Bei den Deutschen wurde viel mehr geplant“, schildert sie die ersten Jahre. Doch, so unterstreicht sie, das habe sich geändert. „Die Leute hier sind viel lockerer geworden“, hat sie festgestellt.
Auch wenn sie sich bei ihrer Hochzeit für die deutsche Staatsbürgerschaft entschieden hat, ist sie in ihrem Herzen „Holländerin“ geblieben. Die beiden Kinder sind zweisprachig aufgewachsen. Beim Fußball drückt sie der „Elftal“ die Daumen. Und zu bestimmten Anlässen hängt sie die niederländische Flagge vor das Haus, dekoriert Fassade und Hausflur mit Luftballons und Schleifen in „oranje“. „Wir waren noch extra in Holland, um Deko-Material zu kaufen“, berichtet Wilhelmina Pieron.
Immer noch nicht pünktlich
In Deutschland ist sie, obwohl sie immer noch nicht pünktlich sein kann, natürlich längst angekommen. Hier hat sie ihre Freunde und den Hauptteil ihrer Familie. Auch wenn sie zusammen mit Ehemann Klaus darüber nachgedacht hat, für den kommenden Lebensabschnitt noch einmal in die Niederlande zu ziehen, hat sie sich doch für Holsterhausen entschieden. Das Königshaus verehrt sie wegen dessen Volksnähe aber trotzdem. Und deshalb kippt sie schnell den Rest Kaffee hinunter und verabschiedet uns: Schließlich sind die Zeiger der Oranje-Uhr jetzt fast auf 14 Uhr vorgerückt und Willem-Alexander wird König. Das darf man nicht verpassen.