Essen. Vor 17 Jahren stiftete ein Ehepaar bei der Aktion „Ein Baum für ein Kind“ des Essener Grünflächenamtes eine Hainbuche für seine Enkelin. Nun wurde der Baum einer Sichtachse geopfert. Die Großeltern sind empört. Die Stadt behauptet, nichts von der Stiftung des Baumes gewusst zu haben.
Es sollte ein Geschenk fürs Leben sein, so hatten sich das Christel und Hans Ophaus gedacht. Darum beteiligte sich das Ehepaar im Jahr 1996 an der Aktion „Ein Baum für ein Kind“ des Grünflächenamtes und stiftete der Grünanlage Worringsiepen in Burgaltendorf eine Hainbuche für ihre Enkelin Nina. „Der Baum entwickelte sich prächtig, und unsere Nina und auch wir hatten große Freude daran.“ Bis die heute 17-Jährige neulich zu den Großeltern kam und fassungslos erzählte: „Mein Baum ist weg!“
Das Ehepaar Ophaus konnte erst nicht glauben, dass die schöne, gesunde Hainbuche gefällt worden war. Von Grün und Gruga, vormals Grünflächenamt. Das hatte der Familie 1996 noch bescheinigt: „Zum Wohle von Mensch und Natur haben Sie einen engagierten Beitrag geleistet, der auch für die Zukunft die Lebensqualität in dieser Stadt verbessern hilft.“ Warum ihr Baum knapp 17 Jahre später gefällt wurde, verstehen die Stifter nicht: „Wir sind enttäuscht und empört“, schrieben sie an Grün und Gruga.
Von wegen "behutsam"
In ihrer Antwort erklärt eine Mitarbeiterin, die lange vernachlässigte Anlage Worringsiepen habe man 2012 in einen „pflegbaren Zustand zurückversetzt, die ursprünglichen Sichtachsen behutsam freigelegt und die viel zu dicht stehenden Gehölzbestände gelichtet“.
Behutsam findet Hans Ophaus das Vorgehen gerade nicht, und die weiteren Argumente hält er für wenig stichhaltig bis lächerlich. „Der Baum stand völlig frei.“ Keine Spur von dichtem Gehölz und versperrter Sichtachse. Die Grün-und-Gruga-Angestellte schreibt dagegen: „Langfristig würden die malerisch gewachsenen Äste den Weg versperren.“ Auch das bestreitet Hans Ophaus: „Da konnte kein Weg versperrt werden.“ Die Stadt habe offenbar mühsam nach Argumenten für die traurige Fällaktion gesucht.
„Der Baum ist für uns unersetzlich“
Immerhin sagt die Mitarbeiterin, dass sie die Enttäuschung der Familie verstehe. Tatsächlich habe sie nichts von der Aktion „Ein Baum für ein Kind“ gewusst und dazu auch nichts in den Akten gefunden. „Wenn ich von der Aktion gewusst hätte, hätte ich meine fachlichen Erwägungen zurückgestellt und den Erhalt Ihres Baumes geprüft.“ Dieser Satz beweist für Hans Ophaus, dass die Fällung keineswegs so zwangsläufig war, wie die Grün und Gruga es darstelle.
Trotzdem sagt auch der Sprecher des städtischen Betriebs, Eckhard Spengler, auf Anfrage der WAZ, die Fällung sei aus fachlichen Gründen nötig gewesen. „Ein Grund war, dass die Bäume in dieser Gruppe zu eng standen.“ Ein Ortstermin zeigt jedoch, dass an dieser Stelle von einer Baumgruppe keine Rede sein kann: Ninas Hainbuche hatte viel Platz. Und das Mädchen aus Kupferdreh freute sich an seinem Baum. „Die Hainbuche wuchs und gedieh mit Nina“, sagt Christel Ophaus. Sie grämt sich, „dass wir damals abgewunken haben, als die Stadt anbot, ein Schild am Baum anzubringen“. Bezahlt haben sie 100 Mark für den Baum, doch darum gehe es nicht: „Für uns ist diese Hainbuche unersetzlich.“