Auf der Suche nach einem Job haben die meisten von ihnen schon viele Gänge gemacht: ins Job-Center, zum Bewerbungs-Gespräch. Ein Theater haben die meisten arbeitslosen Jugendlichen, die an diesem Morgen im Grillo-Theater mit Ensemble-Mitgliedern und Theaterpädagogen eine Sondervorstellung von „Rote Erde“ vorbereiten, noch niemals besucht. Schon gar nicht, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Aber die Bühnenerfahrung gehört bei diesem „Joblinge“-Programm genauso dazu wie das mehrwöchige Bewerbungspraktikum und die Teilnahme an einem gemeinnützigen Projekt.

Bundesweite Initiative

Shakespeare und Schneeschnippen – kein Widerspruch für Raphael Karrasch, Projektleiter der Joblinge gAG Ruhr, die gegen Perspektiv- und Langzeitarbeitslosigkeit bei schwer vermittelbaren Jugendlichen und jungen Erwachsenen das direkte Erfolgs- und Gemeinschaftserlebnis setzt.

Die bundesweite Initiative, die unter anderem nach München, Berlin und Frankfurt inzwischen auch im Ruhrgebiet Fuß gefasst hat, versteht sich als Anschubhilfe mit nachhaltiger Wirkung. 60 Prozent der jungen Arbeitslosen, die das sechsmonatige Programm absolvieren, sagt Karrasch, finden danach eine Ausbildungsstelle. Besser noch: 85 Prozent von ihnen haben nach einem Jahr die Ausbildung nicht geschmissen.

Eine kleine Anleitung in Sachen Durchhaltevermögen, Disziplin, Selbstdarstellung und Teamgeist sollen sie dabei auch aus dem Theater-Workshop mitnehmen. Wie gemacht für die erste Kooperation von Joblinge und Schauspiel Essen ist dabei „Rote Erde“, Volker Löschs Adaption des Ruhrgebiet-Romans, der das Stück auch mit arbeitslosen Laiendarstellern aus dem Revier erarbeitet hat.

Bei der ersten gemeinsamen Probe fand man schnell auch eine gemeinsame Sprache. Die Erfahrungen mit Frust und Enttäuschung nach der ­x-ten Bewerbungsabsage, dem nächsten Jobverlust, sind bei vielen Teilnehmern gleich. Manches davon haben sie jetzt zu einer Textcollage zusammengeschrieben, mit denen die Joblinge das Publikum bei einer Vorstellung am 16. Februar als Sprechchor begrüßen wollen.

Für Schauspiel-Intendant Christian Tombeil ist das Projekt damit nicht nur ein gutes Beispiel für das Geben und Nehmen zwischen Kultur und Wirtschaft („wir müssen in Netzwerken denken“), sondern auch ein Beweis dafür, dass Theaterpädagogik nicht bloß „eine Einrichtung für elitäre Gymnasiasten ist, die mal reinschnuppern wollen“, sondern sehr direkte Basisarbeit.