Essen. . Im Fahrradklimatest des Allgemeinen Deutsche Fahrrad-Clubs bewerten 546 Radler ihre Stadt erneut mit der Schulnote vier. 1991 fuhr Essen als bundesweit Letzter im Test noch die „Rostige Speiche“ ein.

Ernüchternd bewerten NRWs Radler das Fahrradklima im Land gerade mal mit der Schulnote vier; Essen liegt mit der Bewertung 3,97 im Mittelfeld. Das geht aus einer nun veröffentlichten Studie des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) hervor, dem Fahrradklimatest 2012. 79.000 Biker aus ganz Deutschland haben dafür ihre Stadt anhand eines Fragenkatalogs in Sachen Fahrradklima eingestuft, davon 14.000 aus NRW und 546 aus der Ruhrstadt.

Jörg Brinkmann, Vorsitzender des ADFC in Essen, bewertet das lokale Ergebnis als „Stagnati­on auf niedrigem Niveau“. Zur Erinnerung: Beim Fahrradklimatest 1991 hatte Essen den allerletzten Platz belegt und die „Rostige Speiche“ erhalten. Die wenig schmeichelhafte Auszeichnung führte zwar zur Kehrtwende bei der Radverkehrspolitik, „die im Nachhinein betrachtet dann aber doch mit vielen Querschüssen und Hindernissen behaftet war“, so Brinkmann.

Bundesweit „nur“ auf Platz 22

2005, als die Radler zuletzt das Fahrradklima bewerteten, war der Wert im Vergleich zum aktuellen Test nur geringfügig schlechter und lag bei 4,1. „Ich sehe seitens der Stadtverwaltung seither keine nennenswerte Verbesserung“, so Brinkmann. Dass seither dennoch einiges passiert ist – etwa, dass die Rheinische Bahntrasse zum Radweg umgebaut wurde – sei fast ausschließlich von außen heran getragen worden. Brinkmann: „Die Stadt war daran nicht beteiligt.“

Negativ schneiden der Stellenwert des Radverkehrs (4,56), das Sicherheitsempfinden als Radler (4,27) und die Breite von Radwegen (4,55) bei den Essenern ab. Positive Werte fährt die Ruhrstadt bei Fragen nach der Infrastruktur des Radverkehrsnetzes (2,95), für Radfahrer in Gegenfahrtrichtung geöffnete Einbahnstraßen (2,87) und öffentlich zugänglichen Leihfahrrädern (2,34) ein.

Brinkmann bemängelt zudem, dass der Radverkehr in Essen oft nur die zweite Geige spielt, selbst wenn Straßen um- oder neu gebaut würden: „Beste Beispiele dafür sind der Berthold-Beitz-Boulevard, die Kreisverkehre an der Freiheit oder am Berliner Platz, wo es zum Teil nicht einmal richtige Radverkehrsanlagen gibt.“ Obgleich es am Ende bundesweit nur für Platz 22 im Ranking reicht, ist von einer „überdurchschnittlichen Entwicklung“ die Rede, was einfach zu erklären ist: Die Zahl der Großstädte im Test ist von 28 auf 38 gestiegen.

"Erheblichen Handlungsbedarf" 

An die Spitze der NRW-Städte ab 200.000 Einwohnern setzen die Alltags- und Gelegenheitsradler Münster (auch bundesweit Platz eins), gefolgt von Oberhausen und Bielefeld. Schlusslichter sind Bochum, Mönchengladbach und Wuppertal (auch bundesweit Letzter). Insgesamt sehen sie in fast jeder Stadt „erheblichen Handlungsbedarf“, was ebenso für die vorderen Ränge gilt. Das detaillierte Ergebnis gibt es im Internet auf www.fahrradklimatest.de.

Für Dieter Küpper, Sprecher beim Runden Umwelttisch ist die Verantwortung für den Essener Trend nicht alleine im Rathaus zu suchen: „Unerfreulich und nicht nachvollziehbar sind die Einsparungen im Bund und in NRW den Radwegebau und seine Instandhaltung betreffend, was wir in Essen spüren.“

Gemeinsames Zentrum

So habe der Bundesverkehrsminister, obwohl sein Etat um 750 Millionen Euro aufgestockt wurde, Hilfen für den Neubau und Bestanderhalt von Radwegen an Bundesstraßen um 40 Prozent gekürzt, innerhalb von drei Jahren. Küpper ist empört darüber, dass die rot-grüne Landesregierung angekündigt hat, die Mittel für den Radwegebau an Landstraßen von zwölf auf acht Millionen Euro zu kürzen: „Das passt absolut nicht zu den Partei übergreifenden Bekenntnissen zur nachhaltigen Mobilität.“

Die Essener Verbände ADFC, EFI, Pro Bahn, BUND, VCD und der Runde Umwelttisch bieten in ihrem Verkehrs- und Umweltzentrum (VUZ) am Kopstadtplatz 12 eine gemeinsame Anlaufstelle für Bürger, Informationen über Umweltschutz und Verkehrspolitik in Essen. Geöffnet ist es montags, donnerstags und freitags von 16 bis 18 Uhr. Infos gibt’s unter 23 17 07 und auf www.vuz-essen.de.