Essen. . Höchstens 26 Kinder sollen künftig in einer Grundschulklasse sitzen, an schwierigen Standorten mit vielen besonders förderbedürftigen Schülern nur noch 23. Die Regelung soll zum kommenden Schuljahr greifen.

Die Klassen an den Grundschulen sollen kleiner werden. Nachdem ein Ende 2012 verabschiedetes Landesgesetz entsprechende Änderungen ermöglicht hat, macht die Stadt sich an die Umsetzung vor Ort. Die Klassengröße an den Essener Grundschulen soll demnach auf 26 Kinder begrenzt werden, bei Standorten mit vielen besonders förderbedürftigen Schülern auf 23. Die Regelung soll zum kommenden Schuljahr greifen.

„Wir wollten die Chance, die das Gesetz bietet, möglichst schnell nutzen“, so Siegfried Goßmann vom Schulamt. Bisher lag die Obergrenze bei 29 Schülern pro Klasse. Diese werde zwar selten erreicht – der Durchschnitt liege bei etwa 24 Kindern – in einigen Fällen aber eben doch. „Und mit 29 Kindern ist eine Klasse nun mal sehr groß.“ Im Sinne einer individuellen, pädagogisch hochwertigen Betreuung sei es sinnvoll, davon wegzukommen.

Mehr Kinder als sonst müssen umverteilt werden

Das gelte vor allem für „Schulen in besonders belasteten Sozialräumen und mit einer hohen Zahl an Kindern mit zusätzlichem Unterstützungsbedarf“, wie es in einer Verwaltungsvorlage heißt, die kommende Woche Thema im Schulausschuss ist. Für mehr als ein Drittel der Standorte sieht die Stadt diese Merkmale erfüllt, die 23-Kinder-Regel soll an 34 der 84 Essener Grundschulen gelten, die bei den jüngsten Anmeldungen zur Verfügung standen, darunter – siehe Infokasten – alle Schulen im Bezirk V (Altenessen, Karnap, Vogelheim) sowie ein Großteil in den Bezirken VI (Katernberg, Schonnebeck, Stoppenberg) und VII (Steele, Kray).

Mit Blick auf die Anmeldezahlen bedeutet das, dass einzelne Schulen Kinder ablehnen müssen, und zwar in größerem Umfang als sonst. „Jetzt sind natürlich noch mehr Umverteilungen vorzunehmen“, so Goßmann. Freilich werde man mit dem neuen Richtwert flexibel umgehen, gerade in der Übergangsphase. „Es muss für das betreffende Kind eine adäquate Alternative geben.“

Die Veränderungen haben nicht nur eine organisatorische, sondern auch eine politische Dimension, weshalb es bei den Essener Schulpolitikern Gesprächsbedarf geben wird. Mit der Gesetzesänderung ebnet das Land nicht zuletzt den Weg für den Erhalt so genannter Zwergschulen. Bislang galt die Zweizügigkeit als Minimum, nun geht es auch einzügig. Auch Schulen mit weniger als 30 Anmeldungen dürfen dabei eine Eingangsklasse bilden. Das betrifft vor Ort die Herderschule in Frohnhausen mit 28 Anmeldungen, die Kraienbruchschule in Dellwig (26), die Emscherschule in Altenessen (22), die Herbartschule in Katernberg (28), die Joachimschule in Kray (18) und die Heckerschule in Werden (25). Erst bei weniger als 15 Anmeldungen ist nach dem Gesetz keine Klassengründung erlaubt.

Dass Zwergschulen in Essen wieder Konjunktur haben könnten, missfällt vor allem der SPD, die zwar nichts gegen kleine Klassen, aber gegen kleine Schulen hat. Zwergschulen seien „absolut sinnvoll“ für ländliche Regionen, nicht aber für eine Großstadt wie Essen, so Janine Laupenmühlen, Vorsitzende des Schulausschusses. Bei einem kleinen System entstünden schnell Engpässe in der Betreuung, sobald ein Lehrer ausfällt. Und: „Schon jetzt ist fast jede zweite Essener Grundschule ohne Leiter.“

Der Erfolg steht und fällt mit der Lehrerversorgung

Auch die Schulverwaltung lässt in ihrer Vorlage anklingen, dass der Erfolg kleiner Klassen abhängig ist von der Versorgung mit pädagogischem Personal. „Um die Qualität von Schule und Unterricht zu sichern, braucht es ausreichend und gute Lehrkräfte“, heißt es da.

Während man sich bei der Stadt allerdings zuversichtlich zeigt, dass der Bedarf gedeckt wird, würde die SPD lieber auf größere Einheiten setzen und hier und da zwei Schulen zusammenlegen. Dabei könne es sich durchaus lohnen, auch Neubauten in Betracht zu ziehen, so Janine Laupenmühlen. „Starke zweizügige Standorte in neuen Immobilien, das ist zukunftsweisend.“

23-Kinder-Regel für mehr als ein Drittel der Schulen

Folgende Standorte hat die Stadt als „Schulen in besonders belasteten Sozialräumen und mit einer hohen Zahl an Kindern mit zusätzlichem Unterstützungsbedarf“ ausgemacht. Dort soll die Klassengröße auf höchstens 23 statt wie an den übrigen Schulen auf 26 Kinder beschränkt werden. Die Auswahl der Schulen erfolgte „vor dem Hintergrund des jeweiligen Sozialraumtyps und der Anzahl der Kinder im gemeinsamen Unterricht“. In der jetzigen Übergangsphase hin zu kleineren Klassen spielte auch die Frage eine Rolle, ob es für abgelehnte Kinder eine wohnortnahe Alternative gibt.

Die Schulen im Einzelnen: Schule an der Heinickestraße (Südviertel), Grundschule Nordviertel, Schule am Wasserturm (Südostviertel), Berliner Schule, Gervinusschule (beide Frohnhausen), Bodelschwinghschule, Schule an der Heinrich-Strunk-Straße, Hüttmannschule (alle Altendorf), Kraienbruchschule (Dellwig), Schule Gerschede, Dürerschule (Borbeck), Höltingschule (Bergeborbeck), Bergmühlenschule (Bochold), Stadthafenschule (Vogelheim), Hövelschule, Großenbruchschule, Bückmannshofschule, Schule an der Rahmstraße, Karlschule, Neuessener Schule, Adolf-Reichwein-Schule, Emscherschule (alle Altenessen), Maria-Kunigunda-Schule (Karnap), Schule an der Viktoria-straße, Herbartschule, Kantschule, (alle Katernberg), Schillerschule (Schonnebeck), Tuttmannschule (Stoppenberg), Joachimschule (Kray), Leither Schule, Schule im Steeler Rott, Schule am Morungenweg, Schule im Bergmannsfeld (beide Freisenbruch), Astrid-Lindgren-Schule (Horst).