Essen. . Im vergangenen Sommer vernichtete ein Brand das Bauernhaus von Gitta Brömse. Sie kämpft sich zum zweiten Mal ins Leben zurück, denn bereits 2010 verlor sie ihren Mann durch einen Unfall.
Als ihr Bauernhaus brannte, stand Gitta Brömse mitten im Erdbeerfeld. Ihre Tochter rief an, und die 47-Jährige spürte plötzlich ihre Beine nicht mehr, konnte keinen Schritt gehen. „Ich sah die Flammen hochschlagen, dann wurde ich vom Feld weggebracht.“ Bei der evangelischen Kirchengemeinde sah sie endlich ihre beiden Töchter und ihren Sohn wieder, die aus dem brennenden Haus gerettet wurden.
Mit Nachwachen gegen Plünderungen
Ein Kabelbrand hatte das Feuer auf dem Dellwiger Hof ausgelöst. Das war im Juni des vergangenen Jahres. Sie wohnten zunächst in einer Wohnung der Gemeinde, dann sieben Monate im Wohnwagen und Container auf dem Hof. „Wir mussten zurück, um die Pferde zu versorgen und uns vor Plünderern zu schützen“, sagt die Bäuerin. Dabei halfen die Pferdebesitzer mit Nachtwachen. Nachbarn schleppten Handtücher, Geschirr, Betten und Fernseher herbei. Der Fußballverein veranstaltete ein Benefiz-Spiel, Nachbarn führten ein Theater-Stück auf, die Gemeinde sammelte Spenden, erzählt die 47-Jährige gerührt von der Hilfsbereitschaft.
Der Schaden beträgt mehr als 100.000 Euro. Die Versicherung übernimmt nur einen kleinen Teil, der Rest ist offen. Viel schlimmer ist aber, dass das Feuer ihr viele Erinnerungen an ihren verstorbenen Ehemann genommen hat. Die Bilder, sein Schrank, in dem seine Kleider noch hingen, seine Arbeitshosen, die Hemden. „Alles war hier so, wie er es eingerichtet hatte“, erzählt Gitta Brömse, die ihren schlimmsten Schicksalsschlag bereits zwei Jahre zuvor erlebte. „Als das Feuer kam, hatten wir den noch überhaupt nicht verarbeitet.“
Der Ehemann starb bei einem Unfall
Im Sommer 2010 fuhr ihr Mann im Münsterland bei der Ernte mit Traktor und Anhänger Strohballen ein. Es war die letzte Tour, als der 49-Jährige die Gleise überqueren musste und die Sonne ihn so blendete, dass er auf dem unbeschrankten Übergang den Zug nicht sah, der seinen Schlepper erfasste. Er war sofort tot, sagt sie.
Gitta Brömse musste auf dem Hof allein weitermachen, schon wegen der Kinder. Sie hatte den Betrieb 20 Jahre lang mit ihrem Mann geführt. „Es hat ja keiner auf mich als Bürokauffrau gewartet.“ Die Landwirtschaftskammer hat sie schließlich als Bäuerin anerkannt. Ihr Sohn (12) brachte ihr das Traktorfahren bei, um Heu einzufahren und die Erdbeeren von Gladbeck nach Dellwig zu bringen.
Mitten im Berufsverkehr über die Bottroper Straße: „Traktorfahren ist nicht so spannend wie die Männer es finden“, sagt sie lächelnd. Es klappt aber immer besser. „Ich weiß nicht wie, aber ich hab’s geschafft.“ Früher machte ihr Mann die Feldarbeit, sie versorgte die Tiere. Morgens um fünf stand sie im Stall, hat zu Anfang ihrer Beziehung noch die Kühe gemolken, gefüttert, ging ins Büro und abends zurück in den Stall. „Es war hart, aber ich habe es geliebt“, sagt sie. „Ich habe ihn über alles geliebt.“
"Manchmal wollte ich weglaufen"
Kennengelernt haben sie sich nach der Trennung von ihrem ersten Mann. Sie schenkte ihren beiden Kindern aus erster Ehe Ponys, stellte die bei Bauer Brömse unter. „Ein Wahnsinns-Typ, ruhig und doch so lustig“, sagt Gitta Brömse, die sich nach dem Brand zum zweiten Mal ins Leben zurückkämpft. Mit ihren Kindern ist sie Heiligabend endlich zurück in den Anbau gezogen, in dem sie früher lebten. Das große Bauernhaus wird noch saniert.
„Manchmal wollte ich weglaufen“, gesteht Gitta Brömse. Aber der Hof ist das Lebenswerk ihres Mannes. Auf dem hilft ihr ältester Sohn Boris (27). Er ist Landwirt, was auch der Zwölfjährige werden will. „Wie der Papa, bei dem er schon im Kindersitz angeschnallt auf dem Traktor saß“, erzählt die Mutter. Sie hofft vor allem für ihre Kinder, dass ihr Leben wieder ruhiger wird. „Mehr Rückschläge verkraften wir nicht.“ Die Kinder geben sich zwar cool, wie Landwirtskinder eben, aber sie seien tief getroffen, sagt Gitta Brömse: „2013 kann nur besser werden, es muss. Wir packen das schon.“