Essen. . Bis Ende Januar 2013 gestaltet ein junges Künstler-Trio nachts eine weitere Wand der Station Bismarckplatz im Südviertel. Auf einer Länge von circa 100 Metern betätigen sich die Sprayer am Bahnsteig der Linie U 18 in Richtung Hauptbahnhof. Entstehen soll ein bunter Wandel durch die Evag-Geschichte.

Ein bisschen unheimlich ist es schon, das geben Jan Schoch (31), Tim Schild (31) und Michael Smolarz (35) auch selber zu: „Nur Tauben oder Ratten, die wir erwartet hatten, sind uns bisher begegnet. Auch nicht der eine oder andere Partygänger, der nachts durch die Tunnel irrt.“ Seit dem 3. Dezember sprüht das Trio jede Nacht ganz allein im U-Bahnhof Bismarckplatz im Südviertel erste Graffiti. Die Rolltore an den Zugängen sind heruntergelassen, kein Mensch kann sie stören. Nur das Pfeifen des Windes und die eine oder andere Werkstattfahrt eines Zuges auf den beiden anderen Gleisen begleitet ihre Arbeitszeit.

Die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag: Verschiedene Skizzen auf Papier liegen auf der Plattform, zahlreiche Rollen mit Klebeband säumen die Betonplatten, mehrere Sprühdosen stehen griffbereit an der Bahnsteigkante. Alles legal, versteht sich. Durchgangsverkehr braucht das Trio auf der Schiene auch nicht zu fürchten: das Gleis ist gesperrt, der Strom wird in der Woche für die Zeit von 0 bis 4 Uhr abgeschaltet, am Wochenende sogar bis 7 Uhr.

Sag Du zum U

Foto: Evag, Repro: Remo Bodo Tietz
Foto: Evag, Repro: Remo Bodo Tietz © Stadtbildstelle Essen
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Foto: Evag, Repro: Remo Bodo Tietz
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Nur 3,5 Stunden Zeit pro Nacht

Die Ruhe kommt ihnen gelegen: Bis Ende Januar 2013 wollen die drei Graffiti-Künstler der Firma „Farbwandel“ ihr neuestes Werk vollenden: Auf einer Länge von circa 100 Metern gestalten die Künstler die Wand am Bahnsteig der Linie U 18 Richtung Hauptbahnhof.

Ein bunter Wandel durch die Tram-Geschichte wird mit verschiedenen Motiven entstehen; eine Art Zeitstrahl, von der Architektur-Zeichnung eines U-Bahn-Tunnels, über eine historische Evag-Straßenbahn bis hin zum modernen Untergrund-Bahnhof. Nachdem die von den Jungs bereits im vergangenen Jahr mit Ruhrgebiets-Motiven gestaltete gegenüberliegende Wand bei Fahrgästen gut an kam, vertraut die Essener Verkehrs-AG neuerlich auf die positive Wirkung der sympathischen Untergrund-Kunst.

„Mit dem Auf- und Abbau von Leitern und Gerüsten bleiben uns generell vielleicht dreieinhalb Stunden zum Arbeiten“, erzählt Jan Schoch, während er die Fenster für das historische Straßenbahn-Motiv hellblau pinselt. Um sich gegenseitig beim Malen nicht auf der Pelle zu hocken, kümmert sich jeder von ihnen um Teilmotive des Gesamtwerks.

Futuristische Grafik-Elemente

Eine zeichnende Hand ist bereits vollständig zu erkennen, hinzukommen etwa noch der Eingang zu einer Pariser Metro-Station, eine aus der New Yorker-Grand Central-Station nachempfundene Uhr, sowie ein gelb-blauer U-Bahn-Zug der Evag. Eingerahmt werden die Bilder an beiden Enden durch futuristisch angehauchte Grafik-Elemente, die sich bereits ebenso auf der gegenüberliegenden Wand befinden.

„Wir wurden von der Evag angesprochen und daraufhin haben wir einen Entwurf vorgelegt“, berichtet Michael Smolarz von der Vorgeschichte. Auf Änderungswünsche des Verkehrsunternehmens sei man natürlich noch eingegangen, bis der fertige Entwurf feststand. Vorher mussten die drei aber erst noch die Wand grundieren, an der sich vorher Fliesen befanden.

Kleine Pause rund um Neujahr

„Der Auftrag bringt uns über den Winter“, freut sich das Trio, denn in dieser Jahreszeit seien Mal-Aufträge für Fassaden wegen der Außentemperaturen eigentlich nicht zu machen. „Wir haben im Untergrund Plusgrade gehabt, als kürzlich das Thermometer unter Null fiel“, so Tim Schild.

Über die Weihnachtsfeiertage und rund um den Jahreswechsel legen die Fassadenkünstler eine kleinere Pause für Urlaub und Familie ein, ehe sie 2013 durchstarten. „Meine Frau kümmert sich derzeit um unseren einjährigen Sohn und kriegt leider wenig Schlaf“, erzählt Jan Schoch. Dafür stehe er dann um 12 Uhr wieder auf und kümmere sich bis zum neuerlichen Aufbruch zur U-Bahn-Schicht um den Kleinen. Viel besser haben es seine beide Mitstreiter aber auch nicht: Sie gehen tagsüber dennoch ihrem anderen Job nach: Ein Opfer für die Kunst.