Essen. . Der Angriff eines Bullterriers gegen einen anderen Hund, bringt Hundehalter in Essen gegen das Ordnungsamt auf. Angeblich soll der Kampfhund einen weiteren Hund gebissen haben. Doch auf die Anzeige hin, kam vom Amt offenbar keine Reaktion.
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Reagiert das Ordnungsamt überhaupt?, fragen zwei Halter aus Heisingen, nachdem ihre Tiere verletzt worden sind. Vom Amt hörten sie nichts mehr, stattdessen vom weiteren Vorfall in Kupferdreh .
Die junge Frau ging mit ihrem Rhodesian-Ridgback spazieren wie immer Richtung Baldeneysee in Heisingen. Als sie auf einen Bullterrier mit Besitzer traf, kamen sie ins Gespräch, die Hunde liefen zusammen über die Wiese. „Dann biss der Terrierrüde meiner Hündin plötzlich in den Bauch“, erzählt die 30-Jährige, die den Vorfall gleich beim Ordnungsamt anzeigte, telefonisch und per E-Mail, sagt sie: „Danach habe ich nie wieder etwas gehört.“
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Vom Amt nicht, vom Bullterrier schon: „Der soll in Kupferdreh noch einen Hund gebissen haben.“ In Heisingen verletzte er wenige Tage später den Schnauzer einer Familie so schwer, dass sie nicht nur zum Tierarzt, sondern auch zur Polizei gingen, erzählt die und fragt: Was ist inzwischen passiert?
„Wenn wir unsere Hunde unangeleint laufen lassen, werden wir sofort zur Kasse gebeten“, sagt die 56-jährige Halterin, die erstmal Angst hatte, mit ihrem Hund spazieren zu gehen und gern wüsste, ob das Ordnungsamt bei solchen Vorfällen reagiert.
Auch Dackel kann gefährlich werden
Wie sie reagieren, das erklärt Norbert Geldermann, der für Gefahrenabwehr beim Ordnungsamt zuständig ist. Zum aktuellen Fall könne er aus Datenschutzgründen nichts sagen, grundsätzlich unterscheide das Amt aber, ob Hunde sich gebissen haben oder ob ein Mensch gebissen wurde. Sie differenzieren indes nicht, ob ein Dackel oder ein Bullterrier zugebissen hat.
Weil das Gesetz letzteren als gefährlich einstuft, gibt es aber doch Unterschiede: Gefährliche Rassen müssen einen Wesenstest bestehen, um von ihrer generellen Leinen- und Maulkorbpflicht befreit zu werden. Es wird also zu prüfen sein, ob der Bullterrier die Befreiung hatte. „Deren Halter werden ohnehin viel härter reglementiert“, sagt Geldermann.
Sie müssten ein polizeiliches Führungszeugnis und einen Sachkundenachweis vorlegen. Und dass auch ein Dackel zum gefährlichen Hund werden könne, belegt Geldermann an einem Fall, in dem ein Teckel „ständig Hühner gerissen hat.“
Rangkämpfe unter Rüden
Beißt ein Hund einen Artgenossen, muss festgestellt werden, „ob es sich um naturidentisches Verhalten“ handelte. Um Rangkämpfe unter Rüden etwa: „Das sind noch lange keine Beißvorfälle, die dazu führen, dass der Halter Auflagen bekommt“, sagt Geldermann. Das Amt geht Vorfällen nach, bei denen sich Hunde mit gesteigerter Aggression auf Artgenossen stürzen. Dann muss das es vor der Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens Beweise sichern: Fotos der Verletzungen und Atteste von Tierärzten. Das verhängte Bußgeld beginnt bei 250 Euro.
Im wiederholten Fall muss der Hund zur Gefährlichkeitsprüfung, die vor Amtstierarzt und Hundepsychologen abgelegt wird. „Der Hund wird Reizen ausgesetzt“, sagt Geldermann. Dazu gehören Jogger, ein Mensch im weiten Mantel bei Anbruch der Dunkelheit oder einer, der torkelt und grölt. Das Ordnungsamt prüft auch die ausbruchssichere Unterbringung des Tieres.
Im Extremfall wird der Hund als gefährlich eingestuft, dann kann auch ein Dackel Leinenzwang oder Maulkorbpflicht erhalten.
Beißt ein Hund allerdings einen Menschen, „steht für den Hund in der Regel sofort die Gefährlichkeitsprüfung an“, sagt Geldermann. Bis zur Klärung erhält das Tier sofort Leinen- und Maulkorbpflicht. Ein Hund, der als gefährlich eingestuft wird, behält beides ein Leben lang, sagt Geldermann, der zwar Verständnis hat, wenn manche Bürger sich vor einem Pitbull Terrier mehr als vor einem Pinscher fürchten: „Ein mulmiges Gefühl ist aber für uns kein Maßstab.“ Er wisse, dass die Gegenseite oft mehr erwarte als das Amt tun kann. Die Betroffenen können aber sicher sein: „Dass wir uns auch im beschriebenen Fall entsprechend kümmern.“
Weniger gefährliche Hunde
„Die Gesetze für Hundehaltung sind vor elf Jahren verschärft worden, nachdem zwei Menschen nach Hundeangriffen gestorben sind“, sagt Norbert Geldermann vom Ordnungsamt. Seitdem gelten laut Landeshundegesetz etwa Pitbull Terrier, Staffordshire Terrier als gefährlich. Fürs sie gilt ohnehin Leinen- und Maulkorbpflicht, von der sie durch einen Wesenstest befreit werden können. Es gelten aber auch verschärfte Bedingungen für Rassen wie American Bulldog, Alano oder Rottweiler, z.B. Haltungs-Erlaubnis. Zudem gibt es Auflagen für Hunde, die größer als 40 cm oder schwerer als 20 Kg sind (Sachkundenachweis, Mikrochip, Haftpflichtversicherung).
In Essen sind knapp 23.000 Hunde gemeldet, davon 87 gefährliche. Im Jahr 2002 waren es rund 17.400, von denen 362 gefährlich waren. Damals saßen etwa 70 der oft „als Kampfhund“ bezeichneten Rassen im Tierheim, heute sind es vier. „Die Beißvorfälle insgesamt kann ich an einer Hand abzählen“, sagt Geldermann, der aber weiß, dass längst nicht alle beim Ordnungsamt landen.
So wie auch nicht alle Hunde, die wiederholt Artgenossen gebissen haben, sofort im Tierheim landen. Wenn doch, kümmert sich ein Hundetrainer um die Tiere und schätzt ein, wohin sie vermittelt werden können. „Bisher haben wir keinen Hund gehabt, der unvermittelbar war“, sagt Sabine Hoge, Tierheim-Abteilungsleiterin für Hunde, die betont, dass die Beißhemmung beim Schäferhund deutlich geringer sei als etwa beim Bullterrier. Der habe allerdings die stärkere Beißkraft.